Zu
Beginn des letzten Sommers hatte Kardinal Christof Schönborn den
Begriff des „Intelligent Design“ in der Natur zur Diskussion
gestellt: „Jedes Denksystem, das die überwältigenden Beweise
für einen Plan in der Biologie leugnet oder wegerklären will,
ist Ideologie, nicht Wissenschaft“. Die Reaktionen von Biologen,
die daraufhin folgten, wurden von Theologen und Philosophen falsch verstanden.
Es ging nicht darum, Kardinal Schönborn den Mund zu verbieten sondern
um die Anschuldigung, Biologen verbreiteten „Ideologien“ wie
etwa den Darwinismus statt das wissenschaftlich beweisbare „intelligente
Design“ in der Natur zu sehen.
Abgesehen davon, dass außerhalb der Biologie kaum jemand weiß,
was der englische Biologe Charles Darwin in seinen zwei Dutzend Büchern
und sonstigen Publikationen wirklich geschrieben hat, ist es interessant,
die parareligiöse Ideologie des „intelligenten Design“
näher zu betrachten.
Im Laufe der Geschichte des Lebens gab es mehrere globale Katastrophen.
Tier- und Pflanzenarten verschwanden, worauf relativ rasch neue Arten
entstanden. Man schätzt, dass mindestens 95 Prozent aller Tier- und
Pflanzenarten, die jemals existierten, ausgestorben sind. Erfolgreiche
Langzeitmodelle der Evolution, wie etwa das Weichtier Neopilina, der Krebs
Limulus oder der Ginkgobaum, nennt man „lebende Fossilien“.
Sie sind die Ausnahmen von der Regel der Massenselektion, denn jedes Design
des Lebens hat ein Ablaufdatum.
Nachdem die Genetiker gelernt hatten, Blicke in das Erbgut zu machen,
kamen sie aus dem Staunen nicht heraus. Die Gene enthalten nämlich
nicht nur sinnvolle Anweisungen sondern jede Menge Fehler und eine Unzahl
an nutzlosem Schrott. Die Fehler nennt man in ihrer Gesamtheit „genetic
load“ (genetische Bürde). Sie sind für alle Erbkrankheiten,
für viele Krebserkrankungen und für die Tatsache verantwortlich,
dass etwa 50 Prozent aller Embryonen nach den ersten Zellteilungen so
rasch absterben, dass sie nicht einmal die Einnistung in die Gebärmutter
schaffen.
Das Konzept des „Intelligent Design“ stellt sich daher bei
genauer Betrachtung als „Sloppy Design“ (schlampiges Design)
mit unzähligen Fehlern heraus. Genau diese Fehler sind aber ein maßgeblicher
Bestandteil der modernen Evolutionstheorie. Ein Designer wäre demnach
kein Ingenieur sondern ein schlampiger Bastler. Biologen beschäftigen
sich natürlich nicht mit derart kindischen Fragen, weil es Naturgesetze,
nicht aber Ideologien zu erforschen gilt. Nach wie vor gilt: Werden Religionen
und Wissenschaften zu einem Eintopf vermischt, dann kommt dabei nur Albernheit
heraus, egal ob es sich um „intelligentes Design“ oder eine
andere Denkprothese handelt.
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