Der französische Naturforscher Georges Leclerc Comte de Buffon (1707-88)
schrieb eine Enzyklopädie über Naturgeschichte, die zu seiner
Zeit sehr populär war. Darin zeigte er, dass viele Lebewesen Körperteile
ohne bestimmte Funktion besitzen, wie etwa die geschrumpften Zehen, die
ein Schwein an den Seiten seiner Klauen besitzt. Buffon vermutete, dass
diese Zehen bei Vorfahren die volle Größe besessen hatten und
erst im Laufe der Zeit verkümmert waren. Könnte nicht ganzen
Organismen das gleiche beschieden gewesen sein? Nach De Buffons Tod wurde
Europa durch die Französische Revolution erschüttert. Eine Zeit
der Veränderung folgte, Könige und Kirchen verloren an Autorität.
Es konnten nun Theorien geäußert werden, die früher Ketzereien
gewesen wären. Der erste der neuen „Ketzer“ war der französische
Naturforscher Jean Baptiste de Monet Chevalier de Lamarck (1744-1829).
Lamarck fasste die Klassen der Säugetiere, Vögel, Reptilien
und Fische in der Gruppe der Wirbeltiere zusammen. Alle anderen Klassen
nannte er „Invertebraten“ (Tiere ohne Rückgrat). Von
1815 bis 1822 schuf Lamarck ein siebenbändiges Werk mit dem Titel
„Naturgeschichte der Invertebraten“. Lamarck vertrat in seinen
Werken die Auffassung, dass sich die Leistungsfähigkeit der Organe
durch starken Gebrauch im Laufe des Lebens erhöhe und dass nichtgebrauchte
Organe verkümmerten. Diese Fortentwicklung oder Degenerierung pflanze
sich dann von Generation zu Generation fort. Diese Ansicht war die erste
geschlossene Evolutionstheorie der Geschichte. Sie sollte sich später
als falsch herausstellen, dennoch hatte sie das Tor zu einer neuen Sicht
der Natur aufgestoßen.
Der Mann, der eine Evolutionstheorie präsentierte, die einen festen
Platz in der Vorstellungswelt der Biologen bekam, war der englische Biologe
Charles Robert Darwin (1809-1882). 1831 begann Darwin eine Weltreise mit
der „Beagle“, ein Forschungsschiff seiner Majestät. Während
der Reise reifte Darwin zu einem genialen Naturforscher heran. Er war
es, der diese Expeditionsfahrt zur bedeutendsten in der Geschichte der
Biologie gemacht hat.
Darwins Theorien werden laufend erweitert. Die Entstehung neuer Tier-
und Pflanzenarten kann mit den Methoden der modernen Genetik längst
beobachtet werden. Vor dreißig Jahren haben daher Genetiker wie
Richard Lewontin, Theodosius Dobzhansky, Francisco Ayala und andere der
modernen Evolutionstheorie ein mächtiges Fundament gegeben. Lewontins
Werk „The Genetic Basis of Evolutionary Change“ (Die genetische
Grundlage evolutionärer Änderung) zählt neben anderen wichtigen
Arbeiten inzwischen zum wissenschaftlichen Standard in der Biologie.
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