Während des Mittelalters und noch zu Beginn der Neuzeit glaubten europäische
Gelehrte, das Alter der Erde liege bei wenigen Tausend Jahren. Das Jahr
1785 brachte hier eine Änderung. Der schottische Arzt James Hutton
(1726-97) betrieb Geologie als Hobby und veröffentlichte ein Buch
mit dem Titel „Theorie der Entstehung der Erdoberfläche“.
In diesem Werk machte er sich Gedanken, wie Wasser, Wind und Wetter langsam
die Erdoberfläche verändert hatten. Er behauptete, dass solche
gigantischen Veränderungen wie das Entstehen von Gebirgen oder das
Auswaschen von Flusstälern nur in gewaltigen Zeiträumen habe
erfolgen können. Die Erde war demnach nicht einige Tausend sondern
viele Millionen Jahre alt.
Diese neue Theorie über das Alter der Erde wurde zunächst heftig
bekämpft. Einige Biologen mussten der Sache aber insgeheim zustimmen,
weil dadurch die Fossilfunde, die damals immer häufiger auftauchten,
eine Erklärung fanden. Es erschien sehr unwahrscheinlich, dass Steine
gewisse Lebensformen zufällig nachbilden konnten. Daher war die Mehrzahl
der Gelehrten überzeugt, dass Fossilien uralte versteinerte Lebewesen
sind.
William Smith (1769-1839), ein englischer Vermessungsingenieur und Geologe,
gab der Fossilienkunde den entscheidenden Impuls. Bei der Vermessung von
kilometerlangen Kanälen hatte er Gelegenheit, Ausgrabungen zu beobachten.
Er bemerkte dabei, wie verschiedene Arten und Formen von Gesteinen in
parallelen Ablagerungsschichten angeordnet waren. Weiter fiel ihm auf,
dass jede Sedimentschicht charakteristische Fossilien aufwies, die in
anderen Schichten nicht gefunden werden konnten. Wie auch immer eine solche
Schicht verlief, manchmal im Erdinneren verschwand, nach vielen Kilometern
wieder auftauchte - sie behielt ihre typischen Fossilien. Diese Entdeckung
führte zur Definition der „Leitfossilien“.
Die Entwicklung der Geologie und die daraus resultierenden rasch zunehmenden
Fossilienfunde erregten die Aufmerksamkeit des französischen Biologen
Georges Cuvier (1769-1832). Cuvier verglich verschiedene Lebewesen und
teilte sie in „Phyla“ (die heutigen Tierstämme) ein,
womit er die vergleichende Anatomie begründete. Cuvier konnte nach
jahrelangen peniblen Arbeiten gute Rekonstruktionen ganzer Tierkörper
aus einer kleinen Anzahl von Teilen anfertigen. Allmählich dehnte
Cuvier sein System auf die damals bekannten Fossilien aus. Seinem erfahrenen
Blick blieb nicht verborgen, dass manche Fossilien sich deutlich von lebenden
Organismen unterschieden. Cuvier begründete damit auch die Wissenschaft
der Paläontologie. Nun war der Boden für die Entstehung der
modernen Biologie endgültig aufbereitet.
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