Fünftausend Jahre vor unserer Zeit dachten die Babylonier, die
Erde sei eine Scheibe und Babylon deren Mittelpunkt. Die Schule der Pythagoräer
in Griechenland entwickelte später ein Weltbild auf der Grundlage
von Zahlenverhältnissen und der Tonleiter. Die Himmelskörper
bewegten sich um die zentrale Erde und erzeugten dabei die "Sphärenmusik".
Der griechische Philosoph Platon sah die Erde ebenfalls im Zentrum. Die
Himmelskörper bewegten sich in Kreisbahnen um die Erde. Aristoteles
erweiterte Platons Ideen und trennte zwischen himmlischen und irdischen
Gesetzen. Für Aristoteles befand sich die immerhin schon kugelförmige
Erde nach wie vor unverrückbar im Zentrum des Universums. Philosophen
wie Herakleides und Eudoxus zweifelten an der unbeweglichen Erde von Platon
und Aristoteles. Bei Herakleides rotierte die Erde bereits um die eigene
Achse. Er behauptete weiterhin, dass sich die Planeten Venus und Merkur
um die Sonne bewegten.
Aristarch von Samos führte die Ideen des Herakleides weiter und
ließ die Erde gemeinsam mit anderen Planeten um die Sonne kreisen.
Er war der Schöpfer des ersten konsequent durchdachten "heliozentrischen"
Weltsystems. Aristarch versuchte den Abstand der Erde zu Sonne und Mond
zu berechnen. Obwohl er sich verrechnete, erkannte er richtig, dass die
Sonne sehr viel weiter von der Erde entfernt war als der Mond.
Im ersten nachchristlichen Jahrtausend verknüpfte der Heilige Augustinus
die Ideen Platons mit der christlichen Lehre. Im Mittelalter führte
der Heilige Thomas von Aquin zusätzlich den Aristoteles als Naturphilosoph
in die Kirche ein, was dazu führte, dass beide Griechen mit ihren
Ideen noch heute hohes Ansehen in der Kirche genießen.
Zu Beginn der Neuzeit stießen Nikolaus Kopernikus, Galileo Galilei
und Isaac Newton die antiken Weltbilder vom Sockel. Die Geschichte der
Korrektur alter Denkweisen geht aber weiter. Der wirkliche Schauder steht
uns möglicherweise erst bevor. Leute wie Aristarch und Kopernikus
haben die Erde aus dem Zentrum des Universums gestoßen, und die
Astronomen des 20. Jahrhunderts haben die Verlorenheit unseres Planeten
im unvorstellbar großen Universum eindrucksvoll bestätigt.
Jetzt aber kündigt sich eine Erweiterung der Theorie an. Unser Universum
ist möglicherweise nicht das einzige. Es gibt anscheinend unzählige
sich aufblähende Universen in einem räumlich und zeitlich unendlich
wallenden Meer aus Energiequanten. Die in diesem Zusammenhang offenen
Fragen versuchen Hochenergiephysiker und Kosmologen im Laufe der nächsten
Jahre zu beantworten.
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