Die Rapperswiler Raumquanten-Motoren AG (RQM) in der Schweiz hatte
zu Beginn der Neunzigerjahre den Bau eines "Raumquantenmotors" angekündigt.
Dieser Motor mit dem geheimnisvoll klingenden Namen sollte einen geradezu
sensationellen Wirkungsgrad haben. Mit Hochglanzprospekten und einem Gemenge
von technischen Begriffen wurde zum Investieren eingeladen. 1995 sollte
der erste Prototyp des neuen Motors fertiggestellt sein. Ein Blick in
die Konstruktionspläne zeigte jedoch schon damals, dass die Theorie
des neuen Motors fundamentale Naturgesetze missachtete, wie etwa die Theorien
der Thermodynamik. Im Klartext: Der Motor sollte eine Art elektromagnetisches
Perpetuum mobile sein.
Etwa 850 Anleger hatten den Versprechungen der Firma geglaubt und Investitionen
in der Höhe von 11 Millionen Schweizer Franken getätigt. Das
Geld ist verschwunden, die RQM ist inzwischen zahlungsunfähig.
Die für viele Kleinanleger tragische Geschichte wäre kaum der
Rede wert, wenn nicht die Begründung für die Pleite interessant
wäre. Der Inhaber der RQM sieht die Ursache des Konkurses nämlich
in der Feindseligkeit der so genannten Schulwissenschaften, vor allem
der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich. Die
ETH hatte den Raumquantenmotor als unbrauchbar und die dafür zugrunde
liegende "Raumquanten-Strömung" als nicht existent bezeichnet. Auch
Physiker der Universität Stuttgart und des Deutschen Elektronen-Synchrotons
(DESY) stellten die Baupläne ins Reich der Fabeln. Ein Teil der Anleger
halten die Stellungnahmen der Wissenschafter jedoch nach wie vor für
eine Verschwörung rückständiger Forscher.
Der Kritik der Anleger liegen eine Unkenntnis des Wissenschaftsbetriebes
und ein Fehlschluss zugrunde. In der Geschichte der Wissenschaften gab
es zahlreiche Störenfriede, welche die etablierten Wissenschaften
herausgefordert hatten. Der Astronom Friedrich Wilhelm Herschel, der Chemiker
Antoine Lavoisier, der Biologe Karl von Baer, der Physiker Ludwig Boltzmann
und noch viele andere hatten die Wissenschaft zu ihrer Zeit aufgefrischt
und zum alten Wissen neue Erkenntnisse dazu gewonnen. Der Umkehrschluss
aber, wonach ein Querkopf, bloß weil er neue Ideen präsentierte,
die "alten" Wissenschaften dadurch blamiert hätte, ist falsch.
Keiner der oben genannten scharfsinnigen Reformer hatte alte Erkenntnisse
völlig außer Kraft gesetzt. Sie hatten altes Wissen erweitert,
neue Theorien verkündet, oder alte Theorien zum Spezialfall einer
neuen und breiteren Theorie gemacht. Wenn aber jemand verkündet,
man könne mit einer neuen Erfindung bekannte physikalische Gesetze
einfach aushebeln, dann ist für anständige Investoren allerhöchste
Vorsicht angesagt.
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