Welt der Naturwissenschaften
(Scientific Medley)

 Jahresübersicht 2006

Die Volksbegeisterung in unsern letzten Freiheitskriegen ward wie die Jungfrau von Orleans unter ihrer eigenen Fahne begraben.
(Wolfgang Menzel)


28. März 2024


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SLOW NEWS


In TV-Sendungen sind manchmal rotierende Erdkugeln zu sehen. Der Blick aus dem All hat etwas Aufgeklärtes und Weltumspannendes an sich. Die rotierende Erde, die der Nachrichtensender n-tv bis vor wenigen Wochen zeigte, machte allerdings stutzig. Wie war das doch gleich mit der Rotationsrichtung? Die Sonne geht im Osten auf und im Westen unter, also dreht sich die Erde in Richtung Osten -immer der Sonne entgegen. Man stelle sich einen Globus vor: Norden oben, Süden unten. Dann müssen sich die Kontinente von links nach rechts (Osten) bewegen. Beim Blick auf den Nordpol dreht sich die Erde somit gegen den Uhrzeigersinn. Der Leser wird, wenn er die Rotationsrichtungen der in einigen Sendungen gezeigten Erdkugeln näher betrachtet, die eine oder andere Ungereimtheit erleben.

Im Hollywood-Film „Wag the Dog“ spielt Robert de Niro den Medienfachmann Conrad Bean, der für die Öffentlichkeit einen internationalen Konflikt erfindet, um von privaten Problemen des US-Präsidenten abzulenken. Da werden Gerüchte von (nicht existierenden) B3-Bombern in Umlauf gesetzt, um die Legende umgehend zu dementieren. Weiters wird ein militärischer Konflikt einschließlich Friedensverhandlungen erfunden. In einer Schlüsselszene des Films sagt Bean: „Ich hab’s im Fernsehen gesehen“. Die Präsidentenberaterin Winifred Ames (gespielt von Anne Heche) protestiert und entgegnet, die erwähnte Meldung des politischen Gegners sie doch manipuliert. Darauf Bean: „Ich hab’s im Fernsehen gesehen.“ Was in den Medien präsentiert wird, ist Realität.

„Overnewsed and underinformed“ nennt man das in Neudeutsch. Wir werden zugeschüttet mit Informationen und sehen den Wald des Wissens wegen der Neuigkeitsbäume nicht mehr. Die Flutwelle an manipulierten „News“ führte inzwischen zu allerlei grotesken Ängsten, wie etwa den Eindruck, die Österreicher seien mehrheitlich arbeitslos, arm und krank und würden morgen allesamt an der Vogelgrippe sterben. Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ berichtete kürzlich über zwei Organisationen namens „Slow Food“ und „Foodwatch“. Diese agieren gegen gemeinsame Feinde: Fast Food und verfaulte Lebensmittel in Supermärkten. Wer wünscht sich da nicht als Ergänzung Vereine wie „Slow News“ oder „Newswatch“?

Zurück zur Erdrotation. Wer glaubt, die alten Römer und Griechen dachten, die Erde sei eine Scheibe, der liegt daneben. Damals wusste man längst, dass die Erde eine Kugel ist. Die Mär von der Erdenscheibe im Mittelalter wurde erfunden und seither ungeprüft kolportiert. Wir Modernisten glauben, klüger zu sein. Welch ein Irrtum! Wir sind in erster Linie leichtgläubig und irgendwie behämmert vom elektronischen Trommelfeuer der „Fast News“.




© 2006 Rudolf Öller, Bregenz


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Helden der Wissenschaft:
Hermann von Helmholtz
(1821-1894)
war Arzt, Physiologe, Physiker, Philosoph, kurzum ein Universalgelehrter, wie es ihn heute nicht mehr gibt. Er war in der Medizin, in der Physik und in der Biologie zu Hause. Respekt!

Silvia liest

Rudolf Oeller:

"Theke, Antitheke, Syntheke"
(Thriller über eine tragikomische Stammtischrunde auf dem Weg in den Tod)
Verlag novum, Zürich. ISBN 978-3-99130-025-0

"Wir waren eine großartige Bande von Stammtischbrüdern an der deutsch-österreichischen Grenze, auch zwei Stammtischschwestern waren dabei. Wir pfiffen auf alle Corona-Bestimmungen und trafen uns an jedem Freitag – eine verschworene Truppe, fast schon ein Dream Team. Drink Team trifft es allerdings besser. Voll Hoffnung starteten wir ins Coronajahr 2020, am Ende wurde es eine teils fröhliche, teils depressive Reise in den kollektiven Tod."

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Interview zum Buch