Das Wachstum der Industriegesellschaften brachte es mit sich, dass
sich die Menschen mit wichtigen Rohstoffen nicht mehr ausschließlich
aus der Natur versorgen konnten. Es war im Laufe der letzten Jahrhunderte
nach und nach notwendig geworden, wichtige Chemikalien künstlich
herzustellen.
Einer dieser begehrten Stoffe war und ist Soda als Rohmaterial für
Seifen. Seifen sind Natrium- oder Kaliumsalze der höheren Fettsäuren.
Aufgrund der speziellen Bauweise der Moleküle sind Seifen nicht nur
wasser- sondern auch fettlöslich. Damit sind sie ein ideales Reinigungsmittel.
Vor über 4 Jahrtausenden war es in Babylonien bereits gelungen, Seifen
herzustellen. Ein bestimmte Menge Öl wurde mit der fünffachen
Menge Pottasche vermischt und verkocht. Pottasche entsteht durch Auswaschungen
von Pflanzenasche. Dadurch entsteht eine Lauge namens Kaliumcarbonat.
An die Pottasche erinnert heute noch der englische Ausdruck „Potassium“
für das Element Kalium. Seifen konnte man auch in Ägypten erzeugen,
indem man tierische Fette oder pflanzliche Öle mit Soda vermischte
und kochte. Das natriumhaltige Soda wurde damals aus getrockneten Salzseen
gewonnen. Auch hier hat sich der alte Ausdruck erhalten: Das chemische
Element Natrium heißt im Englischen heute noch „Sodium“.
Seifen galten im Altertum als Heilmittel, weil der Mangel an Hygiene
zu Hautkrankheiten und Parasitenbefall führte. Diese Unannehmlichkeiten
ließen sich durch den Gebrauch von Seife großteils beseitigen.
Im 7. Jahrhundert brachten die Araber die Technik des Seifenkochens nach
Europa. Diese Kunst wurde in Frankreich durch Zugabe pflanzlicher Duftstoffe
verfeinert. Rasch wurden die Seifen zu unverzichtbaren Dingen des Alltags.
Als die Textilindustrie die Produktion größerer Mengen an
Bekleidung ermöglichte, stieg auch der Bedarf an Seife an. Der erste,
der den dazu benötigten Rohstoff Soda in großer Menge herstellen
konnte, war der Franzose Nicolas Leblanc (1742-1806). Natriumchlorid (Kochsalz)
wird mit heißer Schwefelsäure behandelt, dabei entweicht giftiges
Chlorwasserstoffgas, und Natriumsulfat bleibt als "Salzkuchen"
zurück. Dieser Salzkuchen wird mit Kalk und Kohle gemischt und gebrannt.
Die verbleibende Asche enthält das begehrte natriumhaltige Soda.
Leblanc wurde vom Staat schwer betrogen. Sein Patent wurde eingezogen,
seine Fabrik von der französischen Nationalversammlung beschlagnahmt.
Er bekam die Fabrik zwar später durch Napoleon zurück, fand
aber keine Geldgeber mehr um sie wieder in Betrieb zu nehmen. Der Arzt,
Chemiker und Fabrikant Nicolas Leblanc nahm sich daraufhin vor 200 Jahren
am 16. Jänner 1806 voll Verzweiflung das Leben.