Das Gift "Dioxin", von dem in den letzten Wochen im Zusammenhang
mit Nahrungsmittelvergiftungen regelmäßig die Rede war, ist
eine Stoffgruppe. Zu den Dioxinen zählen eine ganze Reihe von Substanzen,
die von unterschiedlicher Giftigkeit sind. Die Dioxine werden als so wichtig
erachtet, daß es sogar einen eigenen Kongreß dazu gibt. Unter
der Kurzbezeichnung "Dioxin '99" findet von 12. bis 17. September
1999 in Venedig das "19. internationale Symposium über halogenierte
organische Umweltgifte" statt.
Dioxin ist der Sammelname für eine Klasse chemischer Verbindungen:
Zwei Sauerstoffatome verbinden dabei zwei sogenannte Benzolringe. Wenn
an den Benzolringen Chloratome angehängt werden, spricht man von
chlorierten Dioxinen. Das bekannteste und berüchtigste Dioxin ist
das 2,3,7,8-Tetrachlordibenzo-p-dioxin, kurz TCDD genannt. TCDD wurde
1957 als Verunreinigung der Substanz 2,4,5-T ("Trichlorphenoxyessigsäure"
- ein Unkrautvernichtungsmittel) zufällig entdeckt, als in Deutschland
bei Chemie-Arbeitern ein häßlicher akneähnlicher Hautausschlag
auftrat, den man heute "Chlor-Akne" nennt.
Jahre später - offenbar nach den leidvollen Erfahrungen mit dem
Insektengift DDT - wurde man in den USA auf den offenbar unterschätzten
Giftcocktail 2,4,5-T und TCDD aufmerksam. 1970 brachte eine parlamantarische
Anhörung mit dem Thema "Wirkung von 2,4,5-T auf Mensch und Umwelt"
eine wahrscheinliche Gefährdung von Mensch und Umwelt ins öffentliche
Bewußtsein. Im Rahmen dieser Anhörung wurde klar, daß
es sich bei dem in nur winzigen Konzentrationen auftretenden Begleitgift
TCDD offenbar um eine äußerst gefährliche Substanz handeln
müsse.
In den letzten Jahrzehnten kamen viele Menschen ungewollt mit Dioxinen
in Kontakt. Im Vietnamkrieg wurde das dioxinverseuchte Entlaubungsmittel
"Agent Orange" eingesetzt, in amerikanischen Städten stellten
sich Straßenbeläge als dioxinverseucht heraus, und 1976 explodierte
in der norditalienischen Stadt Seveso ein chemischer Werksreaktor der
Firma ICMESA. Bei letzterem Unfall wurden so große Mengen an TCDD
frei, daß man seither im Zusammenhang mit Dioxin auch vom "Seveso-Gift"
spricht.
TCDD erwies sich bei Tierversuchen, die großteils in den Siebzigerjahren
durchgeführt wurden, als äußerst giftige Chemikalie. Bei
Meerschweinchen lag die LD-50 Dosis (die Menge, bei der die Hälfte
der Versuchstiere stirbt) bei einem halben millionstel Gramm pro Kilogramm
Körpergewicht. Bei Menschen beobachtete man nach Dioxin-Unfällen
die erwähnte Chlor-Akne, Störungen der Verdauung, Störungen
des Nervensystems, Muskel- und Gelenksschmerzen aller Art. Langzeitversuche
sind nur bei Tieren möglich. Hier traten meist ein Rückgang
der Fruchtbarkeit durch Absterben der Embryonen, verschiedene Mißbildungen
sowie diverse Krebserkrankungen auf.
|
|