Manchmal kommt der Fortschritt in einer Wissenschaft von außen.
Das war im 19. Jahrhundert der Fall, als ein paar Geologen den Evolutionsbiologen
auf die Sprünge halfen und ihnen zeigten, dass unsere Erde nicht
einige Tausend sondern Hunderte Millionen Jahre alt ist. Später mischten
sich Chemiker in die Biologie ein und zeigten, wie man Zellkerne und Chromosomen
färben kann. Mitte der Siebzigerjahre stellten wiederum ein paar
amerikanische Biologen die eben erst erfundene Gentechnik vor, die heute
aus der Kriminalistik und der Medizin nicht mehr wegzudenken ist.
Die diesjährigen Verleihungen der Nobelpreise für Medizin und
Chemie sind ein weiteres Beispiel für diesen wissenschaftlichen Trend
der „Einmischung“. Die beiden amerikanischen Molekularbiologen
Peter Agre and Roderick MacKinnon haben den Nobelpreis für Chemie
erhalten. Sie wurden für ihre Entdeckungen über Zellmembrane
geehrt, weil sie genau erklären konnten, wie Wasser und Ionen (das
sind elektrisch geladene Teilchen wie beispielsweise Salze) aus den Zellen
unseres Körpers heraus und in sie hinein transportiert werden. Schon
in der Mitte des 19. Jahrhunderts hatten Biologen geahnt, dass lebende
Zellen spezifische Kanäle für den Transport von Wasser und Salzen
besitzen müssen. Doch erst vor 15 Jahren gelang es, Proteine zu isolieren,
die sich als die lang gesuchten Kanäle herausstellten. Dank der Arbeiten
der beiden Preisträger kann man die Bewegung der Ionen und somit
die Funktion von Nerven- und Muskelzellen besser verstehen.
Der Nobelpreis für Medizin wurde heuer dem Amerikaner Paul Lauterbur
und dem Engländer Peter Mansfield für eine Entwicklung verliehen,
für die schon einmal, und zwar 1952, der Physiknobelpreis vergeben
worden war. Es handelt sich um die aus der Quantenphysik kommende so genannte
„kernmagnetische Resonanz“. Sie wird auch NMR (englisch: „Nuclear
Magnetic Resonance“) oder NMR-Spektroskopie genannt. Ursprünglich
wurde die NMR-Technik von den Physikern Felix Bloch und Edward Mills Purcell
für die Aufklärung chemischer Verbindungen entwickelt. Auf Grund
des Eigendrehimpulses von Atomkernen bildet sich innerhalb eines Atoms
ein magnetisches Moment aus, das man gut identifizieren kann. Besonders
passend für NMR sind Atome mit ungerader Protonenzahl wie beispielsweise
Wasserstoff, Fluor und Phosphor.
Die aus der älteren NMR-Technik abgeleitete moderne Kernspin- oder
Magnetresonanztomographie ist heute aus der Medizin nicht mehr wegzudenken.
Sie wird seit den Achzigerjahren zur Diagnose eingesetzt. Man erhält
damit deutlich bessere Bilder von menschlichen Geweben, als dies mit der
Computertomographie oder mit Ultraschall möglich ist.
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