Wer sich als sportlicher Typ präsentieren will, der muss neben einer
entsprechenden Figur diverse Attribute mit sich führen, wie etwa
Golf- oder Tennisschläger. Schwieriger ist es schon, Bildung zu zeigen.
Hiezu benötigt man nämlich Wissen und eventuell ein kleines
Arsenal an Fremdwörtern. Der übermäßige Gebrauch
englischer Wörter kann jedoch rasch ins Lächerliche abdriften,
wenn man in den BSE-Bereich (bad and simple English) von Trendzeitschriften
und Werbetextern gelangt.
Die Bildungsfeinschmecker verwenden immer öfter Latein. Hier ist
die Gefahr, als Schwätzer entlarvt zu werden, zwar nicht so groß
wie bei Englisch aber doch vorhanden. ROFL (Rolling-on-floor-Latin) beginnt
schon bei der Werbung. „Pro-Ego“ heißt ein so genanntes
Wellnessgetränk. Dass dies grammatikalisch richtig „Pro me“
heißen müsste, wollen wir hier genauso gnädig übersehen
wie das „Omnia Vita“ einer anderen Firma. Omnis vita oder
omnia pro vita hört sich für Lateiner besser an.
Peinlich wird es, wenn man in aller Öffentlichkeit daneben greift.
Der deutsche CDU-Politiker Rainer Barzel meinte in einer ARD-Sendung,
dass sich auch Herrscher an Gesetze halten müssten. „Rex legibus
solutus“, so sagte Barzel, heißt, dass auch ein König
an Gesetze gebunden ist. Das lateinische Zitat des französischen
Staatsrechtlers und Philosophen Jean Bodin bedeutet jedoch genau das Gegenteil:
Der König ist nicht an Gesetze gebunden.
Manchmal setzen sich lateinische Zitate in fehlerhafter Verkürzung
im Volksmund fest. „Mens sana in corpore sano“ (ein gesunder
Geist wohnt in einem gesunden Körper) hört man immer dann, wenn
die Bedeutung des Sports hervorgehoben wird. In Wahrheit meinte der römische
Satiriker Decimus Juvenalis etwas anderes. In seiner zehnten Satire verspottete
er den damals geradezu lächerlichen Körperkult in Rom und schrieb
wörtlich: „Orandum est, ut sit mens sana in corpore sano“
(Es ist wünschenswert, dass ein gesunder Geist in einem gesunden
Körper sei).
Die Maturaprüfungen dieses Jahres gehen ihrem Höhepunkt entgegen,
und viele Schüler legen dabei ihr Examen in Latein ab. Latein als
Mutter aller romanischen Sprachen ist viel mehr als Vergangenes. Sie ist
streng logisch konzipiert und wurde jahrhundertelang in den Wissenschaften
verwendet. Wer Latein lernt, betreibt keinen Schwachsinn, wie der österreichische
Teamchef Hans Krankl meinte, sondern lernt etwas Unschätzbares, nämlich
sprachlich-logisches Denken. Man kann die eigene Muttersprache beherrschen,
wenn man gute Deutschlehrer gehabt hat, und wenn man regelmäßig
ein Buch liest. Wer aber Latein oder Altgriechisch gelernt hat, besitzt
zusätzlich Macht über die Sprache und erkennt ihre innersten
Geheimnisse.
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