Papst Benedikt XVI forderte kürzlich die österreichischen
Bischöfe auf, den Religionsunterricht interessanter zu gestalten
und mehr auf den Katechismus der Kirche zu achten. Da dieses Riesenwerk
kaum jemand liest, veröffentlichte die Kirche ein gekürztes
Kompendium für Alltags-Christen.
Die Klagen über Säkularisierung unserer Gesellschaft verstellen
etwas den Blick auf das Buch der Bücher. Als man den deutschen Schriftsteller
Bert Brecht einmal fragte, was sein stärkster literarischer Eindruck
gewesen sei, antwortete er: „Sie werden lachen: Die Bibel“.
Tatsächlich enthält die Bibel nicht nur die bekannten Stellen,
die in der Weihnachtszeit oder zu Ostern zitiert werden, sondern auch
provozierende, witzige, liebevolle und gewalttätige Geschichten.
Nach der Mordgeschichte von Kain und Abel (Genesis 4) erschien im Zusammenhang
mit dem großen Hochwasser auch der erste Alkoholiker. Es war Noah,
der Urahn aller Großreeder, der sich im Suff daneben benommen hat
(Genesis 9,21). Erstaunlich, dass ein Trunkenbold auserwählt wurde,
die Tierwelt zu retten. Wer Gott als eifersüchtigen Strafrichter
kennen lernen will, liest bei Deuteronomium 5,9 nach. Dieses Buch ist
ein Gesetzeswerk mit grotesken Gewaltdimensionen. Massenmorde des Gottesvolkes,
denen auch Frauen und Kinder zum Opfer fallen, findet man unter 5.Mose
2,30-35, 5.Mose 3,3-7, auch bei Josua 6,17-21 und bei vielen anderen Stellen.
König David ist ein Muster an Skrupellosigkeit. Er sieht eine attraktive
Frau namens Batseba in ihrem Bad. Da die Schöne schon vergeben ist,
schickt David ihren Mann Urija, einen Soldaten, in die vordersten Kampflinien.
Urija fällt und David schnappt sich kaltblütig die Witwe (2
Samuel, 13). Die Geschichte von Abraham, der seinen Sohn Isaak wie ein
Tier schlachten wollte, ist mitleidlos. Härter noch ging Judith zur
Sache, als sie dem schwer betrunkenen König Holofernes mit seinem
eigenen Schwert den Kopf abschlug (Judith 13,8). Wer Erotik mag, liest
bei Salomon nach: „Freunde, esst und trinkt, berauscht euch an der
Liebe!“ (Hohelied, 5), und wer Krimis und Western bevorzugt, der
sollte einen Tipp des Hollywoodstars Mel Gibson beherzigen und das erste
Buch der Makkabäer („die Hämmerer“) lesen. Die Bibel
erwähnt sogar konfuse Treffen, bei denen die Teilnehmer sinnlos herumbrüllten
ohne zu wissen, worum es überhaupt ging. Der Prototyp einer politischen
Versammlung. (Apostelgeschichte 19, 32).
Die Bibel ist ein Werk voll an prallem Leben. Nichts wird ausgespart.
Sollten Religionslehrer tatsächlich unter schläfrigen Schülern
leiden, dann könnten sie mit den vielen scharfen Geschichten der
Bibel „Action“ in den Schulalltag bringen. Ob damit der Papst
wohl zufrieden wäre?
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