Die beiden ehrwürdigen englischen Universitätsstädte
Oxford und Cambridge haben unterschiedliche Schwerpunkte. In Cambridge
sind immer schon die Naturwissenschaften stark vertreten gewesen, was
60 Nobelpreisträger aus den 30 Colleges deutlich zeigen. Oxford war
und ist eher den Geisteswissenschaften und der Rechtssprechung verpflichtet.
Allein das berühmte Christchurch-College in Oxford hat bis heute
13 englische Premierminister hervorgebracht.
Weniger bekannt sein dürfte, dass zwei Pubs in den beiden kleinen
Universitätsstädten ein Teil der Kulturgeschichte geworden sind.
In Cambridge gibt es in der Benet Street den „Eagle“, ein
Gasthaus aus dem 16. Jahrhundert, das ursprünglich „Eagle and
Child“ hieß. Hier trafen sich im Laufe der Jahrhunderte um
die Mittagszeit und besonders am Abend Professoren und Studenten, um bei
einem oder mehreren Gläsern Bier diverse Ideen und Theorien zu diskutieren.
Im hinteren Teil des Pubs befindet sich eine Bar der Royal Air Force.
Auch zwei Biologen, der Amerikaner James Watson und der Engländer
Francis Crick kamen hier in den früheren Fünfzigerjahren Abend
für Abend zusammen und diskutierten mit Kollegen Fragen der modernen
Biologie. Legendär ist die Begebenheit, als der freche Crick eines
Tages in den „Eagle“ polterte und lauthals verkündete,
er hätte soeben gemeinsam mit Watson das Geheimnis des Lebens entdeckt.
Tatsächlich war es ihnen gelungen, das Molekül DNA, den Träger
der Gene, zu entschlüsseln. Dafür erhielten sie 1962 den Nobelpreis.
In Oxford gibt in der St Giles’ Street das Gasthaus „The
Eagle and Child“, im Volksmund auch „Bird and Baby“
genannt. Es ist so wie der „Eagle“ in Cambridge sehr alt und
wurde erstmals im 16. Jahrhundert erwähnt. Der Adler, der ein Kind
davonträgt, geht auf eine englische Legende zurück. In den Vierzigerjahren
des 20. Jahrhunderts trafen sich hier im „rabbit room“ Professoren
aus Oxford, die auch schriftstellerisch tätig waren. Unter den Autoren,
die an der Bar nur „Inklings“ („Tintlinge“) genannt
wurden, befanden sich auch John Ronald Reuel Tolkien (1892-1973), Professor
für altenglische, isländische und gotische Sprache, der damals
die Trilogie „Herr der Ringe“ und andere bekannte Bücher
schrieb. Sein Kollege, der irische Schriftsteller und Experte für
mittelalterliche Literatur, Clive Staples „Jack“ Lewis (1898-1963)
hatte damals im 2. Weltkrieg die Idee, ein Kinderbuch mit einem Krieg
als Hintergrund zu schreiben. So entstand „The Lion, the Witch and
the Wardrobe“, heute bekannt als die „Chroniken von Narnia“.
Eine Verfilmung läuft soeben in den Kinos an. Lewis’ Bierbruder
und Kollegen Tolkien soll dieses Werk gar nicht gefallen haben.
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