Heute wird von allerlei Instituten nach allem und jedem „umgefragt“
und das Ganze - Gott sei’s geklagt - als „Wissenschaft“
verkauft. Welchen tatsächlichen Wert Umfragen haben, vor allem aber,
wie man Umfrageergebnisse durch die Art der Fragestellung manipulieren
kann, wurde mittels einfacher Untersuchungen längst nachgewiesen.
Eines dieser Experimente machten die Psychologen Daniel Kahnemann und
Amos Tversky. Innerhalb von wenigen Sekunden sollten Versuchspersonen
schätzen, was als Produkt von 1x2x3x4x5x6x7x8 herauskommt. Die andere
Gruppe sollte in der gleichen Zeit das Produkt von 8x7x6x5x4x3x2x1 abschätzen.
Im Schnitt lagen die Antworten im ersten Fall bei 512, im zweiten Fall
bei 2250. Die richtige Antwort wäre in beiden Fällen 40320 gewesen.
Das Interessante an diesem Ergebnis ist weniger das völlig unterschätzte
Wachstumstempo von fortlaufend multiplizierten Zahlen, als der hohe Unterschied
zwischen den Schätzungen. Beide Gruppen haben - offenbar von links
beginnend - losgerechnet und dann eine schnelle, grobe Schätzung
versucht. Die tiefgründige Eigenart der Aufgabe wurde nicht im Geringsten
durchschaut.
Man muss dieses fehlerhafte Schnellschussdenken berücksichtigen,
um „wissenschaftliche Erkenntnisse“ nach Umfragen richtig
beurteilen zu können. Kürzlich war in den Medien folgende Meldung
zu lesen: „850 Eltern in ganz Österreich wurden aufgefordert,
Noten für die Qualität des Schulsystems zu vergeben: Erschreckenderweise
vergaben 45 Prozent ein Nicht genügend“. Weiter im Text heißt
es: „Österreichs Schulwesen stößt … nicht
auf Zustimmung. Zum größten Teil gibt es dafür ein „Nicht
genügend“. Dies belegt die jüngste Umfrage des Klagenfurter
Humaninstitutes, die wenige Tage vor Schulschluss veröffentlicht
wurde.“
Die wissenschaftlich relevante PISA-Studie von 2001 zeigt übrigens
ein objektiveres Bild von unseren Schulen. Der bekannte österreichische
Kriminalpsychologe Thomas Müller rät Unternehmern daher, Umfragen
eher nicht zu trauen. Vielmehr sollte mit subtilen Methoden analysiert
werden, was Kunden kaufen und nicht kaufen, vor allem aber warum. In den
Schulen sollte man folglich darauf achten, welche Wahlpflichtfächer
Schüler wählen und weshalb. Welche Wechselbeziehungen gibt es
zwischen Noten und den tatsächlichen Leistungen? Dabei könnte
sich eventuell herausstellen, dass gehäuft schlechtere Noten nicht
gerade von den brillantesten Lehrern vergeben werden. All das zu erforschen
erfordert jedoch mehr Zeit und Intelligenz als eine intellektuell schlichte
Umfrage, deren Ergebnis man getrost den Hasen zum Fraß geben kann.
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