Es ist bekannt, dass in Österreich eine Diskussion über eine
Schulreform stattfindet. Die Unterstufe der Gymnasien soll zugunsten
einer einheitlichen Schule für alle Kinder und Jugendlichen vom
5. bis zum 15. Lebensjahr abgeschafft werden. Vom klassischen österreichischen
Gymnasium soll nur noch eine Oberstufenform übrig bleiben. Ausgenommen
davon sind die Privatgymnasien. Die müssen den Kindern der Politiker
vorbehalten bleiben, die die Gesamtschule fordern.
Wer die Diskussion um die neue Gesamtschule verfolgt, dem fällt
auf, dass es nicht um Inhalte geht. Stattdessen schlägt die Stunde
der Defätisten. Univ. Prof. Dr. Bernd Schilcher sagte kürzlich
als designierter Vorsitzender einer neu gegründeten Kommission:
„Es wird jetzt ernst gemacht damit, dass das ein Ganztagsjob ist.
Die Vorbereitungen werden in der Schule gemacht, dort ist der Arbeitsplatz.
Man ist auch viel mehr mit den Schülern zusammen. Die Zeit der
Auspufflehrer, von denen man um 11 Uhr nur noch den Auspuff ihres Autos
gesehen hat, ist vorbei.“
Witze über Lehrer („Vormittag hat er Recht, am Nachmittag
hat er frei“) haben längst einen Bart. Das regt in unserer
Plapper- und Schnattergesellschaft niemanden mehr auf. Das systematische
Niedermachen der österreichischen Lehrer, das zunächst unterschwellig,
dann aber in den Neunzigerjahren immer offener gezeigt wurde, scheint
einem Höhepunkt entgegen zu gehen. Dabei hätte das Ministerium
allen Grund, im eigenen Haus aufzuräumen. 2005 wurde auf Initiative
zweier Universitätsprofessoren das Projekt "Erste Hilfe in
Bewegung" gestartet. Das Ziel war, die Erste Hilfe in den Regelunterricht
einzubauen. Über 20 engagierte Lehrer und Ärzte aus ganz Österreich,
darunter auch Professoren der Medizinischen Universität Wien, haben
Arbeitspapiere für neue Lehrpläne vorgelegt. Zurzeit weiß
niemand, was mit dem vom ÖAMTC und von der AUVA finanzierten und
vom Jugendrotkreuz getragenen Projekt passiert ist. Seit November 2006
(!) werden vom Unterrichtsministerium diesbezüglich keine Mails
und Briefe mehr beantwortet, die zuständigen Beamten sind nicht
erreichbar. Man stelle sich vor, was passierte, wenn Lehrer die Schüler
und Eltern so behandelten, wie das Ministerium die qualifizierte Arbeitsgruppe.
Univ. Prof. Dr. Fritz Sterz von der Universitätsklinik für
Notfallmedizin hat daher eine bescheidene Rettungsaktion unter www.lebenretten.at
gestartet.
Der Schreiber dieser Zeilen, selbst begeisterter Lehrer mit Erfahrungen
in anderen Berufen, gesteht freimütig, dass er unter den gegebenen
Bedingungen – gemeint sind die inferioren Vorwürfe sowie
das Verhalten des Ministeriums - den Lehrerberuf heute auf keinen Fall
mehr ergreifen würde.