Tage, an denen man an der eigenen oder an der Intelligenz nahestehender Menschen
zweifelt, sind bitter. Die Zeugnisverteilung ist so ein Tag. Schlechte
Noten haben manchmal das in unserer Leistungsgesellschaft tödliche
Urteil "unintelligent" zur Folge. Abgesehen davon, dass ein
klägliches Zeugnis auch auf Faulheit zurückgeführt werden
kann, greift der Vorwurf der mangelnden Intelligenz mitunter ins Leere.
Der berufliche Erfolg korreliert nicht immer mit dem schulischen. So
genannten "Schulversagern", die in der Schule schlechte Noten
bekamen, die im Beruf oder im Universitätsstudium jedoch erfolgreich
sind, sagt man nach, ihnen sei rechtzeitig "der Knopf aufgegangen".
Den verschiedenen Aspekten der Intelligenz widmet sich neuerdings auch
die Wissenschaft. Früher war der "Intelligenzquotient"
(IQ) das Maß aller Dinge. Man füllte einen Fragebogen aus,
dieser wurde ausgewertet und daraus der IQ errechnet. Biologen und Psychologen
sind sich heute allerdings darüber einig, dass es einige unterschiedliche
Kategorien der Intelligenz gibt, wobei bei einzelnen Menschen mehrere
auftreten können:
Die sprachliche Intelligenz (Schriftsteller, Dichter, Sprachwissenschafter)
zeichnet sich durch die Beherrschung der Sprache aus und die Begeisterung,
sie zu vertiefen. Die musikalische Intelligenz (Komponisten, Dirigenten,
Musiker) zeigt sich in der Kunst des Komponierens und Interpretierens
sowie einem Gespür für Intonation, Klang und Rhythmus. Die räumliche
Intelligenz (Architekten, Bildhauer, Maler, Seefahrer) befähigt die
Menschen, Räumlichkeit auch ohne Anschauungsmaterial geistig zu durchdringen.
Die logisch-mathematische Intelligenz (Mathematiker, Philosophen) fördert
die Abstraktion der Wirklichkeit und das Erkennen logischer Beziehungen.
Die körperlich-bewegliche Intelligenz (Sportler, Tänzer, Schauspieler)
findet man bei Menschen mit guter Körperbeherrschung und schnellen
Reaktionen. Die inter- und intrapersonelle Intelligenz (Ärzte, Politiker,
Manager, geistige Führer) ist die Begabung, psychische Zustände,
Charaktereigenschaften und neue geistige Strömungen zu erkennen und
sich entsprechend zu verhalten. Die naturalistische Intelligenz (Biologen,
Geologen, Naturforscher) zeigt sich im raschen Erkennen und Klassifizieren
natürlicher Objekte.
Nicht jede der erwähnten Intelligenzarten wird in unserer Gesellschaft
gleich bewertet. Wir sollten uns aber hüten, Menschen als "unbegabt"
abzuqualifizieren, nur weil sie nicht unseren Erwartungen entsprechen.
Eine Erfahrung ist jedoch gewiss: Intelligenz allein bringt noch nichts.
Man muss mit Fleiß und Ausdauer auch etwas daraus machen.
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