"Unsere Jugend ist heruntergekommen und zuchtlos. Die jungen Leute
hören nicht mehr auf ihre Eltern. Das Ende der Welt ist nahe."
Dieser Satz stammt aus dem alten Ägypten. Das ist jene Zivilisation,
die sich aus der Steinzeit Afrikas wie ein Phantom erhob und über
Jahrtausende ein kulturelles Zentrum der Erde war. So mancher Philosoph
hat an der vermeintlichen Schlechtigkeit der Jugend später kein gutes
Haar gelassen. Möglicherweise stecken da verpasste Gelegenheiten
und neidische Gedanken dahinter.
"Die Jugend liebt heute den Luxus. Sie hat schlechte Manieren, verachtet
die Autorität, hat keinen Respekt mehr vor älteren Leuten und
diskutiert, wo sie arbeiten sollte. Die Jugend steht nicht mehr auf, wenn
Ältere das Zimmer betreten. Sie widersprechen ihren Eltern und tyrannisieren
die Lehrer." Dieses denkwürdige Zitat stammt nicht von heute
sondern vom Philosophen Sokrates. Sokrates' Schüler Platon vermerkte
unter anderem: "Auch die Lehrer zittern ... vor ihren Schülern
und schmeicheln ihnen lieber statt sie sicher und mit starker Hand auf
einen geraden Weg zu führen, sodass sich die Schüler nichts
mehr aus solchen Lehrern machen. Überhaupt sind wir schon so weit,
dass die Jüngeren gegen die Älteren auftreten in Wort und Tat
..."
Der Schreiber dieses Artikels ist selber in der Pädagogik tätig,
und wenn sonst nichts sicher sein mag in diesen Zeiten des Vorwärtsstürmens
der Wissenschaft, so ist eines doch sicher: Die Jugend ist insgesamt nicht
schlechter als sie es jemals war. Wenn die Jugend wirklich schlechter
geworden sein sollte, dann ist die mittlere Generation schlechter geworden.
Sie hat sich nämlich zu wenig um die Jungen gekümmert. Jugend
braucht Zuwendung, Förderung, Ausbildung, Verständnis und ein
ausgewogenes Maß an Freiheiten und Grenzen aber keine Dilettanten,
die ein engstirniges "auf Linie bringen" mit Pädagogik
verwechseln.
Freuen wir uns über diejenigen, die am Ende dieses Schuljahres mit
einem Erfolgszeugnis nach Hause kommen. Hüten wir uns aber, die Schüler
vorschnell als Versager abzustempeln, die einmal gescheitert sind. "Erfolg
zu haben, heißt einmal mehr aufzustehen als man auf die Nase gefallen
ist" pflegte Winston Churchill zu sagen. Der berühmte englische
Kriegs- und Premierminister war ein schwieriger Schüler aber kein
Versager. Fallen ist keine Schande, denn letztlich geht es immer wieder
um den Mut und die Kraft, aufzustehen. Wenigstens einmal in die Knie gegangen
ist schon jeder von uns.
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