In letzter Zeit liest und hört man davon, dass die Wissenschaft
im 21. Jahrhundert das Gehirn und damit den Geist des Menschen verstehen
und mit Hilfe eines Computers simulieren könne. In Fachzeitschriften
häufen sich neuerdings Artikel, in denen dieses Thema von Computerfachleuten,
Biologen und Medizinern kontrovers diskutiert wird. Das Thema an sich
ist nicht neu und wurde erstmals in den Dreißigerjahren des 20.
Jahrhunderts von Alan Turing zur Sprache gebracht.
Alan Mathison Turing (1912 - 1954) war ein britischer Mathematiker und
gilt heute als einer der größten Pioniere der Computertechnik.
Turing studierte Mathematik an der Universität von Cambridge sowie
an der Princeton University (USA). Im 2. Weltkrieg arbeitete Turing
als Entschlüsselungsspezialist für die britische Regierung.
Bereits 1936 führte Turing das Konzept einer abstrakten Rechenmaschine
ein, die später als "Turing-Maschine" bekannt wurde. Das Modell der
Turing-Maschine hat eine Zeichentabelle, ein in Felder unterteiltes Eingabeband
und einen Lese-/Schreibkopf, der jeweils ein Feld des Bandes bearbeiten
kann. Abhängig vom Zeichen, das sich unter dem Kopf der Maschine
befindet, ändert sie den Zustand und schreibt entweder ein weiteres
Zeichen oder bewegt den Lesekopf nach links oder rechts. Die Konzeption
dieser Turing-Maschine, die theoretisch jede mathematische Berechnung
bewältigen konnte, war klar durchdacht und bei der Entwicklung der
späteren Computer von entscheidender Bedeutung. Turing dehnte seine
Arbeit auch auf die künstliche Intelligenz und die mathematischen
Aspekte der Biologie aus. Der von ihm entworfene "Turing-Test" diente
der Messung maschineller Intelligenz. Sein Konzept war für seine
Zeit revolutionär.
Im 2. Weltkrieg enträtselte Turing mit mathematischen Methoden die
Codes der deutschen Wehrmacht, die diese zur Kommunikation benutzt hatte.
Da die Deutschen einen mechanischen Computer - die legendäre "Enigma"
- einsetzten, war dies eine schwierige Aufgabe, weil das Knacken wechselnder
Codes für unmöglich gehalten wurde. Doch Turing löste das
Enigma-Rätsel, was einen entscheidenden Einfluss auf den weiteren
Verlauf des Krieges hatte.
Nach dem Krieg war Alan Turing am Bau und am Einsatz der Großrechenanlage
"ACE" (Automatic Computing Engine) beteiligt. Er glaubte, dass Computer
um das Jahr 2000 das Gedächtnis eines Menschen nachbilden könnten
und sogar das Denken beherrschen würden. Turing war ein Genie und
seiner Zeit weit voraus. Er kam 1954 auf tragische Weise ums Leben. Heute
ist er - außer in Fachkreisen - nahezu in Vergessenheit geraten.
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