Der Hauptangriff erfolgte kurz vor Mitternacht mitteleuropäischer
Sommerzeit und dauerte eine Stunde. 6000 Drohnen attackierten 13 Festungen,
von denen nur vier dem Ansturm standhielten. Zwei wankten bedrohlich,
sieben gingen nach kurzem Kampf unter. Die Rede ist hier nicht von einem
neuen Science Fiction-Film sondern von einem Internetkrieg, der am 21.
Oktober 2002 das weltweite Netz um ein Haar lahm gelegt hätte.
Das Internet wird von 13 Zentralrechnern dirigiert. Drei von ihnen arbeiten
jeweils in Stockholm, London und Tokio, die anderen zehn stehen in den
USA. Die 13 Rechner werden „Root Server“ (Basis-Diener) genannt,
weil sie dafür sorgen, dass nachgeschaltete Rechner („DNS-Server“)
im Netz stets auffindbar bleiben. Ein Root Server enthält die Grundlage
des Netzbetriebs, das gesamte Adressenregister. Wenn diese zentralen Datenfestungen
zusammenbrechen, bricht auch das weltweite Netz zusammen. Es gibt zwar
jede Menge Rechner mit lokalen Adressregistern, aber diese versagen nach
und nach ihren Dienst, wenn sie nicht regelmäßig von den Root
Servern aufgefrischt werden.
Der letzte Angriff erfolgte durch das Abfeuern kolossaler Datenpakete
an die Root Server. Internetexperten waren von der konzentrierten Wucht
des Angriffes völlig überrascht, denn über 6000 Computer
starteten gleichzeitig eine Attacke. Der Clou an der Sache war, dass die
Besitzer der angreifenden Computer gar nicht wussten, dass ihre Maschinen
am Kampf beteiligt waren. Die Kunst der dunklen Netzkrieger liegt nämlich
in der heimlichen Rekrutierung elektronischer Armeen. Den virtuellen Terroristen
stehen dabei Computerprogramme zur Verfügung, die Hunderttausende
Rechner auf Schwachstellen abklopfen. Computer mit Sicherheitslücken
und fehlenden Scannerprogrammen bekommen auf diese Weise Viren in den
Speicher gedrückt, die automatisch neue Opfer suchen. Die so befallenen
Computer verwandeln sich in "Drohnen" oder "Zombies"
und stehen nun der dunklen Seite der Macht zur Verfügung, die von
einem anderen Kontinent aus ein böses Spielchen treiben kann.
Die Angriffswelle startete auf Kommando. Die Drohnen feuerten sinnlose
Riesendateien und Anfragen mit gefälschten Adressen so lange auf
zentrale Rechner, bis diese zusammenbrachen und den Dienst verweigerten.
„Denial of Service“ heißt das im Fachjargon. Die Angst
vor dem Zusammenbruch der Computersysteme in der Silvesternacht 1999 war
unbegründet, doch die große Drohnenschlacht vom Oktober 2002
war Teil eines Krieges, der das weltweite Netz und damit die moderne Wirtschaft
in naher Zukunft in arge Bedrängnis bringen könnte.
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