Welt der Naturwissenschaften
(Scientific Medley)

 Jahresübersicht 1998

Die glücklichen Sklaven sind die erbittertsten Feinde der Freiheit.
(Marie von Ebner-Eschenbach)


20. April 2024


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ATOMARE WEIHNACHTEN 1938

Berlin, Kaiser Wilhelm Institut für Chemie, Weihnachten 1938. Der Direktor, der Chemiker Otto Hahn, experimentierte mit Neutronen und schweren Elementen. In den Dreißigerjahren war es unter den Atomphysikern Mode, massige Atome mit Neutronen zu beschießen. Man wollte neue superschwere "Nuklide", gewinnen. Der Aufbau eines Atoms war in seinen Grundzügen bekannt, nun war man bestrebt, tiefer in das Innere des Atomkerns vorzudringen.

Zur Weihnachtszeit war etwas Seltsames passiert. Die Ergebnisse eines der Experimente widersprachen allen bisherigen Erkenntnissen der Wissenschaft so grundlegend, daß Hahn sich zunächst scheute, die Resultate zu veröffentlichen. Hahn war verwirrt, als er nach der Neutronenbestrahlung schwerer Uranatome die wesentlich leichteren Bariumatome fand. Otto Hahn, sein Partner Strassmann, die österreichische Physikerin Lise Meitner und ihr Neffe, der Österreicher Otto Frisch, deuteten das Resultat schließlich dahingehend, daß die Uran-Atomkerne zerplatzt sein mußten. Die atomare Kernspaltung war entdeckt worden.

Lise Meitner war die erste in der Arbeitsgruppe, die die ganze Tragweite der Entdeckung erfaßte. Die langjährige Mitarbeiterin Hahns hatte, weil sie Jüdin war, nach Schweden flüchten müssen, trotzdem stand Hahn mit ihr regelmäßig in Kontakt. Meitner war es auch, die schnell begriff, daß durch die Spaltung schwerer Atomkerne beträchtliche Energiemengen freigesetzt werden könnten. Albert Einstein hatte längst darauf hingewiesen, daß in der Materie gewaltige Energiemengen liegen. Nun war der Beweis erbracht.

Die Atomphysiker reagierten erregt, denn sie wußten, daß Hitler mit seinen Expansionsplänen Ernst machen wollte. Ausgerechnet in Berlin, im Zentrum des Nationalsozialismus, war die Atomkernspaltung entdeckt worden.

In England alarmierten Wissenschafter die Regierung. Der Chef des Ausschusses für wissenschaftliche Planung, Sir Henry Tizard, forderte die Entfernung der in Belgien lagernden Uranvorräte, man fürchtete, sie könnten nach einem Einmarsch der Deutschen diesen in die Hände fallen. Der entscheidende Schritt zum Bau einer Kernspaltungswaffe geschah schließlich in den USA. Der junge Physiker Leo Szilard hatte erkannt, welche Gefahr eine deutsche Atombombe für die USA bedeutete. Er überredete also gemeinsam mit dem späteren Erbauer der Wasserstoffbombe, Edward Teller, den populären Nobelpreisträger Albert Einstein, einen bereits verfaßten Brief an Präsident Roosevelt zu unterzeichnen.

Weihnachten 1938. Seit genau sechzig Jahren leben wir mit der Atomkernspaltung. Die Tatsache, daß die Menschheit trotz dieser bedrohlichen Technik so lange überleben konnten, sollte uns Hoffnung geben. Auf Dauer ist jedoch eine Friedenspolitik mit atomarer Abrüstung unabdingbar.

Kettenreaktion
Gespaltene Atome
Urangeschosse
Der Vater der H-Bombe (Teller)
Otto Hahn
Die Bombe
Herbst 1942
Philipp Lenard
Bedenkjahr 2008

© 1998 Rudolf Öller, Bregenz


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Helden der Wissenschaft:
Trofim Denissowitsch Lyssenko
1898-1976)
darf als Beispiel dafür dienen, dass es auch unter den Wissenschaftlern Verrückte, Intriganten und Unterstützer von Massenmördern (Stalin) gab und gibt.

Silvia liest

Rudolf Oeller:

"Theke, Antitheke, Syntheke"
(Thriller über eine tragikomische Stammtischrunde auf dem Weg in den Tod)
Verlag novum, Zürich. ISBN 978-3-99130-025-0

"Wir waren eine großartige Bande von Stammtischbrüdern an der deutsch-österreichischen Grenze, auch zwei Stammtischschwestern waren dabei. Wir pfiffen auf alle Corona-Bestimmungen und trafen uns an jedem Freitag – eine verschworene Truppe, fast schon ein Dream Team. Drink Team trifft es allerdings besser. Voll Hoffnung starteten wir ins Coronajahr 2020, am Ende wurde es eine teils fröhliche, teils depressive Reise in den kollektiven Tod."

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