Welt der Naturwissenschaften und Politik
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MISSBRAUCH DER WISSENSCHAFT |
Hitlers Putschversuch von 1923 endete in der Haftanstalt von Landsberg. Kurz darauf erschien ein Artikel in der Großdeutschen Zeitung. In diesem Beitrag war von "arischen" Wissenschaftlern die Rede. Diese Wissenschaftler zeigten einen "Geist restloser Klarheit, der Ehrlichkeit der Außenwelt gegenüber." Dieser Geist sei von "innerer Einheitlichkeit" gewesen - zumindest mit dem Geist von Hitler, Ludendorff und Genossen erfüllt. Diesen "Lichtbringern", die "nur im arisch-germanischen Blut verkörpert sind", stellt der Autor die "Dunkelgeister" gegenüber, die am Schwinden des "arisch-germanischen Blutes" schuld sind. "Fremdrassiger Geist arbeitet schon mehr als 2000 Jahre dahin", folgert der Autor weiter, "es ist ganz die gleiche Tätigkeit ..., die Christus ans Kreuz, Giordano Bruno auf den Scheiterhaufen brachte, Hitler und Ludendorff mit dem Maschinengewehr beschießt und hinter Festungsmauern bringt." Der Autor kündigte an: "Die Abrechnung wird folgen." Der soeben genannte Autor war nicht irgendein Journalist sondern der deutsche Nobelpreisträger Philip Lenard. Lenard zählt zu den bedeutenden Physikern unserer Zeit. Lenard wies nach, daß die Energie von Photoelektronen nicht von der Intensität sondern nur von der Wellenlänge des Lichtes abhängt. Diese Entdeckung zählt zu den bedeutendsten überhaupt. Lenard führte auch die für die Physik unabdingbare und heute allgemein übliche Energiegröße "Elektronenvolt" ein. Philip Lenard war ein Wegbereiter der Wissenschaft des 20. Jahrhunderts. 1905 erhielt er den Nobelpreis für Physik für seine Arbeiten über die Natur der Kathodenstrahlen. Trofim Denissowitsch Lyssenko, ebenfalls ein angesehener Wissenschaftler, arbeitete beim politischen Feind. Lyssenko war Direktor des Moskauer Instituts für Genetik der sowjetischen Akademie der Wissenschaften. Er war ein Mitbegründer der sowjetischen Agrarbiologie. Lyssenko lehnte als linientreuer Kommunist die auf Gregor Mendel gründende Genetik ab, weil sie seiner Meinung nach nicht mit den Lehren des Marxismus-Leninismus übereinstimmte. Statt dessen lehrte er die Verebung erworbener Eigenschaften, eine längst als unbrauchbar erkannte Hypothese. Lyssenkos zweifelhafte Theorien wurden von Stalin gefördert und ruinierten letztlich die biologischen Sektoren der sowjetische Wissenschaft auf Jahrzehnte. Lenards wissenschaftlicher Niedergang als Vertreter einer sogenannten "deutschen Physik" war ein tragisches Ebenbild, obwohl sein angerichteter Schaden nicht so nachhaltig war. Die beiden Männer sind zwei Beispiele für viele Gelehrte, die ihr Talent und ihr Fachwissen totalitären Systemen zur Verfügung gestellt hatten. Mit ihren auf zweifelhaften Ideologien gründenden Pseudowissenschaften haben sie der Forschung im allgemeinen und ihrem Land im speziellen enorm geschadet. |
Der neue Mensch
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© 1997 Rudolf Öller, Bregenz |
Helden der Wissenschaft: |
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Rudolf Oeller:Typhon DistrictThriller über eine Gruppe von Wissenschaftlern, denen ein Projekt entglitt und dabei zugrunde ging.
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