Der Film „Sakrileg“ hat die Wogen der Erregung hochgehen
lassen. Es geht um das Thema, aus dem die meisten Bestseller gestrickt
werden: Verschwörung. Robert Langdon, ein Wissenschaftler für
Symbolik, erhält einen merkwürdigen Auftrag. Der Direktor des
berühmten Museums Louvre wurde vor dem Gemälde der Mona Lisa
ermordet aufgefunden. Langdon begibt sich zum Tatort und erkennt, dass
der Tote durch Hinweise auf die Werke Leonardo da Vincis aufmerksam machen
wollte. Es sind Zeichen, die auf eine finstere Verschwörung deuten.
Bei der Suche nach dem Mörder und den Motiven der Tat wird Robert
Langdon von der Enkelin des ermordeten Museumsdirektors unterstützt.
Von ihr erfährt er, dass der Direktor einer geheimen Bruderschaft
angehörte, die ein düsteres Geheimnis bewahrt. Es geht dabei
um den heiligen Gral, der angeblich der Beweis dafür ist, dass Jesus
von Nazareth ein sterblicher Mensch war und ein Verhältnis mit einer
Frau hatte. Es ist ein Geheimnis, das die Fundamente der Menschheit bedrohte,
sollte es an die Öffentlichkeit gelangen.
Wer glaubt, an dieser Indiana-Jones-Geschichte könnte etwas dran
sein, begibt sich geistig zurück ins Mittelalter. Bis zum 13. Jahrhundert
galt die Bibel als ausschließlicher Hort der Wahrheit. Was in der
Bibel geschrieben steht, galt als wahr, was nicht erwähnt wird, galt
als nicht existent. Umberto Eco hat das in seinem Roman „Der Name
der Rose“ treffend karikiert: Da in der Bibel nirgendwo steht, dass
Jesus gelacht hat, hat er auch nicht gelacht. Das ist natürlich Unsinn,
denn Menschen lachen nun einmal. Die Sache mit dem Lachen wird in der
Bibel nicht erwähnt, weil es nicht der Rede wert ist. Genauso war
es nicht der Rede wert, ob ein jüdischer Lehrer wie Jesus verheiratet
war, denn das war die Regel. Petrus, der Fels der Kirche, war jedenfalls
verheiratet. Dies wird in der Bibel nur indirekt erwähnt, wenn von
seiner Schwiegermutter die Rede ist.
Das Problem fehlender Offenheit durch allzu starre Fixierung auf geschriebene
Texte erkannte einer der großen Theologen, der italienische Mönch
Thomas von Aquin (1225 – 1274). Er führte daher Aristoteles
als wissenschaftlichen Lehrmeister in die Kirche ein, um seine Zeitgenossen
mit der Nase darauf zu stoßen, dass unsere Welt immer Fragen stellt,
und all unser Wissen mit seinen Texten, Erklärungen und Theorien
immer auch Ungewisses enthält. Offenheit und Ungewissheit sind Zwillinge,
sie sind der Geist jeder Wissenschaft. Das aber erzeugt Unruhe. Der Erfolg
von Verschwörungstheorien basiert auf der Angst besorgter Menschen
vor offenen Fragen und einer ungewissen Zukunft. Jeder Verschwörungstheorie
liegt ein Plan und somit eine beruhigende Erklärung zugrunde. Das,
was beruhigt, wird auch geglaubt.