Die warme Jahreszeit ist trotz der unvermeidlichen Regenschauer endlich
gekommen und mit ihr alle interessanten Begleiterscheinungen in „B“
wie schattige Biergärten, offene Bäder, schicke Bohemiens und
knappe Bikinis. Der ewig junge zweiteilige Badeanzug feiert insofern ein
Jubiläum, als sein französischer Modeschöpfer das Kleidungsstück
nach einem Ort benannte, an dem nach dem 2. Weltkrieg der Weltuntergang
als heißes Spektakel inszeniert wurde.
Das Bikini-Atoll gehört zu den Marshall-Inseln in der Südsee
und ist ein Teil von Mikronesien. Die 36 Inseln des Atolls haben eine
Gesamtfläche von fünf Quadratkilometern und umschließen
eine 33 Kilometer lange und 17 Kilometer breite Lagune. Die Eingeborenen
der Inseln waren auf ein nahe gelegenes Atoll umgesiedelt worden, bevor
die USA mit der Operation „Crossroads“ begannen. Der Crossroads-Test
bestand aus zwei nuklearen Zündungen. Beide Sprengköpfe hatten
das gleiche Plutonium-Implosionsdesign wie „Fat Man“, die
Bombe von Nagasaki. Beim Able-Test wurde die Atombombe aus einem B-29-Bomber
abgeworfen, beim Baker-Test wurde ein Behälter abgetaucht, die Zündung
erfolgte 30 Meter unter der Wasseroberfläche.
Vor 60 Jahren, am 30. Juni 1946 explodierte auf dem Bikini-Atoll die
erste amerikanische Atombombe nach Hiroschima und Nagasaki. "Able"
hatte eine Sprengkraft von 23 Kilotonnen, die Bombe stand am Anfang einer
zwölfjährigen Testreihe. Sie beendete die mühsam aufgebaute
Allianz zwischen der Sowjetunion und den USA, gleichzeitig markierte sie
den Anfang des atomaren Wettrüstens und damit den Beginn des kalten
Krieges, der mit der höllischen Temperatur einer atomaren Kettenreaktion
eingeleitet wurde. Das Bikini-Atoll liegt weit entfernt von den USA, von
der Bevölkerung war damals kein Protest zu erwarten. Mehr als 40.000
Wissenschaftler, Techniker und Soldaten waren an Ort und Stelle um eine
großartige Show zu garantieren, denn die Medien hatten schöne
Aufnahmen gefordert. Immerhin war es die erste öffentliche Testexplosion.
Entsprechend stolz zündete die US-Army ihre beiden Bomben auf Bikini
wie ein Vater seine Zigarre nach der Geburt eines Kindes. Mehr als 600
Kameras waren rund um das Atoll stationiert. Einige wurden mittels unbemannter
Flugzeuge sogar direkt in den Atompilz gelenkt. Auf Schiffen rund um „Ground
Zero“ warteten Tausende Ratten, Schweine und Ziegen darauf, im Dienste
der Wissenschaft zu Tode gegrillt zu werden.
Insgesamt explodierten auf dem Bikini-Atoll 23 Atombomben. Die Flagge
der Bikinianer ist der Flagge der USA ähnlich und zeigt drei schwarze
Sterne. Sie sind Erinnerung an jene Inseln, die während der Explosion
der Wasserstoffbombe "Bravo" 1954 für immer verschwunden
sind.