Die Möglichkeiten der modernen Astronomie lassen vergessen, welch
geistige Konflikte Jahrtausende lang notwendig waren, um die heutige Sicht
des Universums zu ermöglichen. Das geozentrische Weltsystem ist ein
Modell, in dem sich die Erde im Mittelpunkt befindet. Diese Vorstellung
vom Kosmos überlebte erstaunlich lange, denn das heliozentrische
Konkurrenzmodell, wonach sich die Erde und alle anderen Planeten um die
Sonne bewegen, ist ebenfalls sehr alt. Diese Theorie konnte sich jedoch
erst nach dem Galilei-Skandal im 17. Jahrhundert durchsetzen.
Für die Babylonier war die Erde um 3000 v. Chr. eine Scheibe, in
derem Mittelpunkt Babylon lag. Die Jahresbahn der Sonne wurde in 12 Abschnitte
unterteilt, die nach Sternbildern ("Tierkreiszeichen") benannt
wurden.
Der griechische Philosoph Platon lehrte im 4. Jahrhundert v. Chr., von
seinen Ideen war zuletzt die Rede. Seiner Meinung nach kann nur die Mathematik
die wahre Wirklichkeit beschreiben, und die Kreisbahn ist die einzig wahre
und vollkommene Bewegung für alle Himmelskörper. Die Erde ist
das ruhende Zentrum im Universum. Gleich drei Denkfehler des bekannten
Philosophen, und dies waren nicht die einzigen! Bei Platon tritt das geozentrische
System erstmals deutlich ans Tageslicht. Aristoteles hat Platons Ideen
- insbesondere das geozentrische System - später gefestigt und durch
eine weitläufige Naturbeschreibung ergänzt. Aristoteles Weltanschauung
trennte zwischen "irdischen" und "himmlischen" Gesetzen,
was später in der Kirche auf große Begeisterung stieß.
Immerhin hatte die Erde bei Aristoteles schon Kugelgestalt.
Im 4. Jahrhundert v. Chr. lieferte der Philosoph Herakleides nach Beobachtungen
der Planeten Venus und Merkur einen Ansatz für ein "heliozentrisches"
System, das Aristarch von Samos im 3. Jahrhundert v. Chr. verfestigte.
Aristarch behauptete, dass sich die Erde und alle anderen Planeten um
die Sonne bewegten. Seine richtige Theorie verschwand leider, bis sie
im 16. Jahrhundert von Nikolaus Kopernikus erneut belebt wurde.
Aristoteles war in der Kirche längst zum Beinahe-Heiligen aufgestiegen.
Galileo Galilei, der das geozentrische System des Platon und Aristoteles
verworfen hatte, wurde von der Inquisition nur deshalb angeklagt, weil
er eine kirchliche Anweisung angeblich nicht befolgt und dem hochgeschätzten
Aristoteles widersprochen hatte. Da in der Bibel weder das geo- noch das
heliozentrische System ausdrücklich erwähnt wird, wurde Galilei
von der Kirche also nicht wegen einer Glaubensverfehlung sondern wegen
einer aristotelischen Ideologie verurteilt. Ein geradezu lachhafter Irrtum.
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