Zwischen den Vierziger- und Siebzigerjahren des letzten Jahrhunderts
nannte man gewisse Kinos in den USA „Grindhouse“. Zwei Filme
wurden zusammen als eine Vorstellung im Doppelpack („Double Feature“)
nach dem Motto „zwei zum Preis von einem“ gezeigt. Die Filme
„Death Proof“ und „Planet Terror“ liefen kürzlich
in unseren Kinos. Sie sollten an Grindhouse erinnern. Ein Kult übrigens,
der auch ein Synonym für minderwertige Filme, meist Horror- und
Slasherflicks der übelsten Sorte ist. An Grindhouse wird man erinnert,
wenn man die Diskussion um die bevorstehende Veröffentlichung der
PISA-Studie verfolgt.
Die Debatte um PISA ist so infantil, dass man lachen müsste, wenn
es nicht so traurig wäre. Die erste PISA-Studie aus dem Jahr 2000
zeigte Österreich in allen Bereichen auf den vorderen Plätzen.
Das interessierte damals niemanden, weil es nichts zu kritisieren gab.
Die zweite PISA-Studie brachte ein schlechteres Ergebnis, und die Grindhouse-Nomenklatura
Österreichs sprach unter Umgehung jeglicher Kopfarbeit von einem
Absturz. Ein Bildungssystem kann aber innerhalb von drei Jahren gar
nicht abstürzen. Der „Absturz“ ist offensichtlich ein
Messfehler, wahrscheinlich auch eine falsche Interpretationen der Ergebnisse.
Interpretationsfehler liegen meist dann vor, wenn Ideologien im Spiel
sind. Kolumbus fand den Weg nach Amerika, obwohl er zur Navigation das
ptolemäische Weltsystem (die Sonne dreht sich um die Erde) als
Grundlage verwendet hatte. Kolumbus benützte ein formal zwar funktionierendes,
in Wahrheit aber falsches System. Bei PISA läuft es ähnlich.
Mathematisch-statistisch ist die Sache formal richtig, aber gemessen
wird nicht das Schulsystem sondern nur die Fähigkeit, einen PISA-Test
zu bestehen.
Die Ursachen für tatsächlich vorliegende Bildungsmängel
– großteils Leseschwächen und eine mangelhafte Allgemeinbildung
- liegen weniger in der Politik der letzten Zeit als in den vergangenen
Jahrzehnten. Ein leistungsfeindliches Besoldungssystem bei Lehrern,
eine seit den Siebzigerjahren latent wachsende öffentliche Bildungsfeindlichkeit
(vor allem bei den Naturwissenschaften), eine wachsende Diskriminierung
von Leistungsbereitschaft („Streber!“) und andere Faktoren
haben dazu geführt, dass eine ministerielle „Expertengruppe“
nun einen Zwischenbericht zur Gesamtschule abgegeben hat, der das Attribut
„peinlich“ redlich verdient. Da ist beispielsweise von einem
Schul-Theatersaal und Gesprächskreisen die Rede, nicht aber von
Lehrplänen.
Lesen Sie Konrad Paul Liessmann: „Theorie der Unbildung“
(Zsolnay) und sie bekommen die Flachheit unserer Bildungsdebatte, die
einer Gremlin-Show gleicht, in konzentrierter Form geboten.