Zwei Mediziner, darunter ein Gutachter der Deutschen Forschungsgemeinschaft,
hatten im letzten Jahr Daten und Veröffentlichungen manipuliert. Der "Fall
Herrmann/Brach " erschütterte wieder einmal das Vertrauen in die moderne
Wissenschaft. Eine technische Assistentin am Kölner Max-Planck Institut
für Züchtungsforschung war zur gleichen Zeit des mehrfachen Betrugs
überführt worden. Hier handelte es sich um eine eher verwirrte Laborgehilfin,
deren Manipulationen ein ganzes Team von Wissenschaftern vor den Trümmern
ihrer Arbeit stehen ließ. Im Falle Herrmann/Brach ging es dagegen eher
um berechnende Forscher, die von glühendem Ehrgeiz angetrieben worden waren.
Das Ergebnis war jeweils katastrophal. Eine Unzahl wertloser Publikationen
mußte zurückgezogen werden. Peinlicherweise waren die Veröffentlichungen
auch von Autoren unterzeichnet worden, die nicht persönlich im Labor gestanden
hatten: War vor über einem Jahr ein bekannter Krebsforscher betroffen,
so erwischte es letzten Herbst einen preisgekrönten deutschen Pflanzengenetiker.
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft und die Max-Planck-Gesellschaft haben im
vergangenen Herbst wegen der Häufung von Betrugsfällen Richtlinien
für den Umgang bei "wissenschaftlichem Fehlverhalten" erlassen.
Wer seinen Namen unter den Titel einer Publikation setzt, soll auch für
den Inhalt geradestehen.
Die Kraft der Naturwissenschaften liegt schließlich in der Überprüfbarkeit
von Betrügereien. So konnte auch der berühmteste wissenschaftliche
Betrugsfall dieses Jahrhunderts, der "Piltdown-Mensch", aufgedeckt
werden. In einer Kiesgrube bei Piltdown in der englischen Grafschaft Sussex
hatten der Paläontologe Arthur Smith Woodward und der Amateur-Geologe Charles
Dawson 1912 einen halben menschlichen Unterkiefer gefunden. Kurz zuvor war ein
versteinerter Schädel entdeckt worden. Woodward war begeistert, denn nach
intensiven Studien war er überzeugt, das "missing link", das
lang gesuchte Bindeglied zwischen Affen und Menschen gefunden zu haben. Schon
nach wenigen Monaten wurde der "Piltdown-Mensch" zum absoluten Star
der Wissenschaft.
Das Alter des Fossils wurde anhand der umgebenden geologischen Schicht auf
rund 200000 Jahre geschätzt. Erst 1953 überprüfte der Anatom
Josef Weiner die Sache näher und stellte fest, daß die fossilen Fundstücke
durch Färbung und chemische Behandlung gefälscht worden waren. Der
Piltdown-Mensch war nichts als ein schnöder Betrug gewesen. Unter Betrugsverdacht
steht auch der Arzt, Spiritist und Sherlock Holmes-Autor Arthur Conan Doyle,
der nur 15 km vom Fundort wohnte und auf die Wissenschaften schlecht zu sprechen
war. In seinem 1912 erschienen Buch "Lost World" erwähnte er,
daß "alte Knochen genauso leicht zu fälschen wären wie
ein Foto."
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