Der Amerikaner James Watson hatte über spezielle Viren promoviert. Nach der Lektüre des Buches „Was ist Leben?“ des österreichischen Nobelpreisträgers Erwin Schrödinger war er von der Idee besessen, die Struktur der Erbanlagen zu entschlüsseln. Nach dem 2. Weltkrieg war den Biochemikern klar geworden, dass das DNA-Molekül die Gene enthält, aber von der Form und dem Aufbau des Moleküls hatte niemand eine Ahnung.
James kam 1951 an die berühmteste Nobelpreisträgerschmiede der Welt, nach Cambridge in Großbritannien. Dort traf er auf Francis Crick, einen schrulligen Engländer, der über die Physik zur Biochemie gekommen war. Crick hatte sich jahrelang erfolglos bemüht, die Form des Hämoglobinmoleküls zu entschlüsseln. Dies sollte später dem vor den Nationalsozialisten geflüchteten Österreicher Max Perutz gelingen. Watson und Crick begannen sofort, sich um das DNA-Molekül zu kümmern. Sie wussten, dass diese Substanz aus sechs verschiedenen Teilen besteht, einem Phosphorsäurerest, einem Zucker und vier unterschiedlichen organischen Basen. Sie hatten gewissermaßen einen Haufen verschiedener Legobausteine, wussten aber nicht, wie diese zusammengesteckt werden mussten.
Crick wurde in Watsons Autobiografie „Die Doppelhelix“ humorvoll beschrieben. Immer wenn er eine Idee hatte, verwandelte sich Francis in eine „Sprechmaschine“, eilte ins Royal Air Force-Pub „Eagle“ und laberte seine Freunde ungefragt an, wobei es ihm egal war, ob er auf ein Bier, einen Whisky oder ein Glas Chablis eingeladen wurde.
Watson und Crick besorgten sich mit Hilfe von Tricks die Röntgenstrukturfotos ihrer Kollegin Rosalind Franklin und werteten diese aus. Während Watson sich mit den Bausteinen der DNA herumplagte, prüfte Crick die möglichen Atomabstände und verwarf eine Idee nach der anderen. Monatelang ging nichts weiter. Manchmal flüchteten sie ins Kino und hofften, beim Anblick der nur leicht bekleideten Hedy Lamarr eine Erleuchtung zu bekommen. Eines kühlen Spätwintertages im Jahr 1953 bastelten sie wieder an ihrem DNA-Modell herum und stießen auf eine interessante Kombination. Watson setzte die Teile aufgeregt zusammen und Crick prüfte sorgfältig jeden einzelnen Atomabstand. Nach einigen Tagen waren sie sich absolut sicher. Das entschlüsselte DNA-Modell schlug ein wie eine Bombe. 1962 bekamen Watson und Crick den Nobelpreis. Im Alter versuchte Crick, das Wesen des menschlichen Geistes zu enträtseln und durch eine universale Theorie zu erklären. Er starb 2004 in Kalifornien.
Francis Crick wäre am 8. Juni 100 Jahre alt geworden. Seine noch lebenden Freunde und Kollegen werden sich wohl im „Eagle“ in Cambridge treffen und ein Glas auf den kauzigen Wissenschaftler heben.