Rosalind Franklin wurde 1920 in einer jüdischen Familie in London
geboren. Ihre Eltern verfolgten aus verständlichen Gründen
die Entwicklungen in Deutschland mit Interesse und Sorge. Rosalinds
Vater, Ellis Franklin, engagierte sich in einer Flüchtlingsorganisation
und kümmerte sich um die vielen deutsch-jüdischen Kinder,
deren Familien aus Nazi-Deutschland auswandern konnten oder flüchten
mussten. Die gleichermaßen attraktive wie intelligente Studentin
Rosalind litt darunter, dass ihre Kommilitonen an der Universität
Cambridge den jüdischen Pogromen in Deutschland gleichgültig
gegenüber standen.
Nach dem Krieg ging Franklin nach Paris an das staatliche Zentrallabor
für Chemie und ließ sich zur Expertin für Röntgenstrukturanalyse
ausbilden. Diese Technik zählt zu den wichtigsten Methoden in den
Naturwissenschaften. Im Prinzip geht es darum, dass Wellen an Hindernissen
eine so genannte „Beugung“ erfahren. Mehrere Beugungen erzeugen
ein Phänomen, das man „Beugungsbilder“ nennt. Die Regenbogenfarben,
die entstehen, wenn man eine CD oder DVD gegen das Licht hält,
sind beispielsweise Beugungserscheinungen. Da die Wellenlänge von
Röntgenstrahlen dem Abstand der Atome und Moleküle in einem
Kristall entspricht, kann man mit Hilfe von Röntgenbeugungen an
Kristallen die Lage und Größe der Atome berechnen. Das Verfahren
ist in der Praxis ein langwieriger Vorgang, zur Bestimmunghochkomplexer
Strukturen benötigt man manchmal Jahre.
1950 kehrte Franklin nach London zurück, wo sie am King’s
College mit Hilfe eines Stipendiums ihre Strukturforschungen perfektionierte.
Sie widmete sich in der Folge der systematischen Untersuchung des Großmoleküls
Desoxyribonukleinsäure, kurz DNA genannt. Man wusste damals bereits,
dass diese DNA bei allen Lebewesen die Gene enthält, aber man hatte
keine Ahnung vom Aufbau und der Gestalt des Moleküls. Zur gleichen
Zeit, als Franklin in London arbeitete, beschäftigten sich an der
Universität Cambridge der britische Chemiker Francis Crick und
der amerikanische Student James Watson ebenfalls mit der Struktur der
DNA. Watson und Crick wussten, dass auch Franklin an der Sache arbeitete
und organisierten mit einer List und mit Hilfe von Maurice Wilkins,
einem Kollegen von Franklin, ein Röntgenstrukturbild der DNA. Watson
erkannte nach Studium des Bildes, dass die DNA eine schraubenförmige
Gestalt besitzt. Die folgende Entschlüsselung des DNA-Moleküls
im Jahr 1953 zählt zu den bedeutendsten Entdeckungen der Geschichte.
Watson, Crick und Wilkins bekamen dafür 1962 den Nobelpreis. Roslind
Franklin hätte den Preis ebenfalls verdient. Sie starb jedoch vor
50 Jahren, am 16. April 1958 an Krebs.