Der britische Physiker Sir Joseph John Thomson studierte Mathematik
und Physik am Owens College an der Universität Cambridge, von wo
er nach seinem Studium zum weltberühmten Trinity College wechselte
und dort Direktor wurde.
In der Physik tobte in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts ein
Kampf um eine neue Theorie vom Aufbau der Materie. Zu Beginn des Jahrhunderts
hatte der englische Naturforscher und Mathematiker John Dalton behauptet,
es gäbe gute Gründe zur Annahme, dass alle Materie, einschließlich
aller Lebewesen, aus Atomen bestehe. Dalton wollte die Idee des griechischen
Philosophen Demokrit, wonach alle Dinge aus Atomen aufgebaut sind, neu
beleben. Heute ist dieses Wissen eine Selbstverständlichkeit. Damals
zerfielen die Physiker in zwei Lager: Die Atomisten und die Nicht-Atomisten.
Die Atomisten hatten aber damals schon die stärkeren Argumente.
Der französische Chemiker Antoine de Lavoisier hatte hundert Jahre
zuvor zeigen können, dass bei chemischen Reaktionen die Mengen
der beteiligten Stoffe immer konstant bleiben und außerdem in
einem festen Verhältnis zueinander stehen. Die Annahme von Atomen
und Molekülen erschien dadurch zwingend.
Auch österreichische Physiker, wie Ludwig Boltzmann und Ernst
Mach beteiligten sich an der Debatte über den Aufbau der Materie.
Gegen Ende des 19. Jahrhundert platzten dann gleich mehrere wissenschaftliche
Bomben hintereinander. 1895 entdeckte Wilhelm Konrad Röntgen in
Würzburg seine berühmten durchdringenden Strahlen, und 1896
entdeckte Henri Becquerel in Paris die radioaktiven Strahlen. Kurz darauf
konnte das Forscherehepaar Marie und Pierre Curie die ersten radioaktiven
Elemente, Polonium und Radium, isolieren.
In dieser Zeit hatte J. J. Thomson eine wichtige Entdeckung mit hohen
elektrischen Spannungen in luftleer gepumpten Glaszylindern (so genannte
Kathodenstrahlröhren) gemacht. Thomson hatte festgestellt, dass
die Eigenschaften der Kathodenstrahlen unabhängig vom verwendeten
Material waren und diese Strahlen im elektrischen Feld eine Ablenkung
zeigten. Damit besaßen die Strahlen, die sich später als
Elektronen entpuppen sollten, eine elektrische Ladung. Thomson wagte
daraufhin einen kühnen Vorschlag. Er behauptete, dass Atome eine
innere Struktur haben müssen: Die Elektronen sitzen in einer elektrisch
positiv geladenen Grundmasse. Dieses Thomsonsche „Rosinenkuchenmodell“
stellte sich später im Detail als falsch heraus, aber die Grundannahme
war richtig: Atome existieren und haben einen inneren Aufbau.
J. J. Thomson, einer der großen Wegbereiter der modernen Physik,
wurde vor 150 Jahren, am 18.12.1856 geboren. Vor 100 Jahren erhielt
er den Nobelpreis für Physik.