„Ich bin der Sache, die hier Wissenschaft genannt wird, müde.
… Wir haben bereits Millionen Dollar in den letzten Jahren dafür
aufgewendet, und es wird Zeit, dass dies ein Ende nimmt“. Die Worte
des US-Senators Simon Cameron aus dem Jahr 1901 sind so naiv, dass sie
uns zum Schmunzeln bringen. Heute sind wir den modernen Wissenschaften
gegenüber aufgeschlossen und erkennen ihre Bedeutung. Ist das aber
wirklich der Fall?
Im Nachrichtenmagazin „DER SPIEGEL“ erschienen kürzlich
Leserbriefe, in denen die Marsmissionen der Europäer und der Amerikaner
kritisiert wurden. Warum, so hieß es unter anderem, verpulvern wir
Geld für die Marsforschung? Die Mittel solle man besser für
humanitäre Hilfe ausgeben.
Um den Irrtum aufzuzeigen, der bereits in der Fragestellung liegt, seien
drei historische Beispiele erwähnt.
Als James Prescott Joule und sein Freund William Thomson (der spätere
Lord Kelvin) Mitte des 19. Jahrhunderts Gase durch Röhren und Düsen
pressten und diese Gase abwechselnden Druckverhältnissen aussetzten,
hätte ein unbedarfter Bürger dies für eine Narretei und
eine Verschwendung von Zeit und Geld gehalten. Am Ende entdeckten die
beiden Männer aber ein Naturgesetz, das heute Joule-Thomson-Effekt
oder einfach Drosseleffekt genannt wird. Diese Entdeckung war der Beginn
der Tieftemperaturphysik, der wir unsere Kühlschränke und Tiefkühltruhen
und somit die Haltbarkeit der Lebensmittel verdanken. Als Wilhelm Konrad
Röntgen 1895 seine Hochspannungsversuche mit Kathodenstrahlröhren
machte, hätte ein Biedermann abermals den Kopf geschüttelt und
nach dem Nutzen dieser Experimente gefragt. Der Nutzen sollte sich schließlich
unerwartet durch die Entdeckung der Röntgenstrahlen einstellen. Nachdem
Max Planck lange Zeit versucht hatte, für das Strahlungsverhalten
eines so genannten schwarzen Körpers eine Formel zu finden, stellte
er 1900 eine Theorie vor, deren Bedeutung niemand sah, am allerwenigsten
Planck selber. Trotzdem hatte er das erfolgreichste Theoriengebäude
aller Zeiten, die Quantenphysik, begründet.
Die genannten Beispiele stehen für unzählige andere und zeigen
die Bedeutung der Grundlagenforschung, die, auch wenn sie teuer und anscheinend
nutzlos ist, nie nach einem Zweck fragt. Die Kosten der Grundlagenforschung
in Frage zu stellen, ist engstirnig. Die Politik in den Technologienationen
hat längst verstanden, welch enorme Bedeutung - auch im volkswirtschaftlichen
und humanitären Sinne - die Grundlagenforschung hat. Eine eventuelle
Fragwürdigkeit ergibt sich nicht aus der Forschung selbst sondern
liegt in den zweifelhaften Anwendungen, wie etwa in der Atombombe, in
Nervengasen oder in umweltfeindlichen Technologien.
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