Die Menschen sind verschieden, das ist eine Binsenweisheit. Wir sind
unterschiedlich groß, haben unterschiedliche Verhaltensweisen und
unterschiedliche Begabungen. Das Prinzip der Verschiedenheit zeigt sich
überall. Man kennt zwischen 1,5 und 2 Millionen Tier- und eine knappe
Million Pflanzenarten. Die genaue Zahl ist unbekannt, weil es auch so
genannte „Halbarten“ gibt, das sind Artengruppen, die gerade
im Entstehen begriffen sind. Die Evolution des Lebens ist keine graue
Theorie, sie findet laufend statt.
Der amerikanische Genetiker Richard Lewontin konnte in den Sechzigerjahren
des 20. Jahrhunderts erstmals messen, wie groß die Verschiedenheit
innerhalb einer Tierart ist. Seine und nachfolgende Untersuchungen zahlreicher
Biologen zeigten, dass das Erbgut biologischer Arten eine enorme Vielfalt
aufweist, der Mensch bildet dabei keine Ausnahme. In den letzten Jahrzehnten
entdeckten die Evolutionsgenetiker mehrere Mechanismen, die zur Entstehung
und Erhaltung dieser Vielfalt führen. Die natürliche Vielfalt
beschränkt sich dabei nicht nur auf das Aussehen sondern auch auf
Verhaltensmuster. Seit dem Siegeszug der Gentechnik vergeht kein Monat,
in dem nicht irgendein Gen entdeckt wird, das für eine Neigung und/oder
Krankheit verantwortlich gemacht werden kann, sei es die Nikotin-Abhängigkeit,
den Autismus, für den ein Gen auf Chromosom 16 identifiziert werden
konnte oder eine genetisch bedingte Störung, die zur Schizophrenie
führen kann. Wir Menschen haben keine einheitlichen und perfekten
Anlagen sondern sind eine biologische Art mit unterschiedlichen angepassten
Erbmerkmalen und jeder Menge an genetischem Schrott. Dadurch lassen sich
unterschiedliches Aussehen und Verhalten – zumindest teilweise –
erklären.
Im Gegensatz dazu versuchten die "Behavioristen" in der Mitte
des 20. Jahrhunderts (engl. „behavior“ = Verhalten), das
menschliche Gehirn als eine bloße Reiz-Antwort-Maschine zu sehen.
Das Gehirn reduziert der Behaviorist auf eine Art „Blackbox“,
die, wenn ein Reiz von außen kommt, automatisch mit einer bestimmten
Reaktion antwortet. Die auf die amerikanischen Psychologen John B. Watson
(1878-1959) und Burrhus F. Skinner (1904-1990) zurückgehende Lehre
reduziert unser Verhalten auf das Analysieren von „Input“
und „Output“ und verkennt dabei, dass es innere, individuell
höchst unterschiedliche, zentralnervös und hormonell gesteuerte
Antriebe gibt, die sich beispielsweise als Lust, Angst oder Hungergefühl
bemerkbar machen. Der Behaviorismus als naturwissenschaftliche Disziplin
ist heute nur noch vereinzelt vorhanden. Er ist zwar keine Ideologie,
gelangt aber durch seine reduzierende Sicht hart an deren Grenze.