Jahrtausende hindurch wurde praktische Biologie betrieben, von Wissenschaft
konnte jedoch keine Rede sein. Die Menschen mussten beispielsweise sich
und ihre Angehörigen, oft auch ihre Haustiere, von Krankheiten und
Schmerzen befreien. Dabei bedienten sich unsere Vorfahren magischer Riten.
Götter oder Dämonen sollten durch Gebete dazu gebracht werden,
den Lauf der Ereignisse zu bessern. Die Menschen lernten zwar den Aufbau
tierischer Organismen kennen, wenn Tiere für die Nahrung oder ein
Opfer zerlegt wurden, aber die ersten Anatomen waren keine wissenschaftlich
arbeitenden Biologen sondern Priester, die das Schicksal der Menschen
aus dem Aussehen von Innereien vorherzusagen versuchten.
Die alten Griechen brachten die erste entscheidende Wende. Sie waren
ein wissbegieriges, redefreudiges und etwas respektloses Volk. Wie geschaffen
für die Wissenschaft. Um das Jahr 600 v. Chr. entstand in Ionien
(die ägäische Küste der heutigen Türkei) eine geistige
Bewegung. Die ionischen Philosophen schenkten den Launen der Götter
wenig Beachtung und nahmen an, dass dem Leben - überhaupt dem gesamten
Universum - ein fester Plan zugrunde liegt. Jedes Ereignis hat eine Ursache,
und diese hat naturgegeben eine bestimmte Wirkung, die nicht durch den
eigensinnigen Willen der Götter geändert werden kann. Eine weitere
Annahme besagte, dass der menschliche Geist die Naturgesetze grundsätzlich
erfassen und aus Beobachtungen ableiten könne. Diese Ansicht verlieh
der Erforschung des Univer-sums und des Lebens erstmals eine gewisse Würde.
Alkmäon (6. Jahrhundert v. Chr.) soll der erste Mensch gewesen sein,
der Tierkörper sezierte, nur um die inneren Organe zu beschreiben.
Hippokrates (4. Jahrhundert v. Chr.) ist der bedeutendste Name, der am
Beginn der wissenschaftlichen Biologie steht. Hippokrates erwies der Medizin
einen großen Dienst, indem er die Stellung des Gottes Asklepius
auf eine Ehrenfunktion reduzierte. Die Aufgabe des Arztes bestand in der
sorgfältigen Beobachtung, um dadurch die Störung der Gesundheit
zu finden und durch geeignete Maßnahmen zu beheben. Die Therapie
bestand nicht in der Austreibung von Dämonen, sondern beispielsweise
in einer ruhigen und sauberen Umgebung mit frischer Luft und bekömmlicher
Kost.
Hippokrates behauptete, es sei nutzlos, Krankheiten eine übernatürliche
Ursache zuzuschreiben. Es gebe keinen Grund, weshalb irgendeine Krankheit
eine Ausnahme machen sollte. Krankheiten haben eine natürliche Ursache
und müssen richtig behandelt werden. Wenn die Ursache unbekannt und
die Behandlung ungewiss sei, ändere das nichts am Prinzip. Somit
war Hippokrates der erste wissenschaftlich denkende Biologe und Mediziner.
Siehe auch unter www.vobs.at/bio/spezial/x-hist01.php.
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