Herzinfarkt, Gifteinwirkung, Sauerstoffmangel oder andere Ausnahmesituationen
können zu einer Störung der Reizleitung im Herz führen.
Wenn keine Leitung vom Sinusknoten über den AV-Knoten zum His-Bündel
und weiter zur Herzmuskulatur mehr möglich ist, so entsteht Chaos
im System. Diese Situation wird als "Kammerflimmern" bezeichnet.
Die Pumpfunktion des Herzens und damit auch der Blutkreislauf kommen zum
Erliegen, der Tod ist die Konsequenz. Man stelle sich das Ganze wie auf
einer altertümlichen Galeere vor. Im Normalfall schlägt der
Trommelsklave (der Sinusknoten) den Takt. Dieser Takt wird von den Rudersklaven
(His-Bündel und Muskelzellen) wahrgenommen und in rhythmische Ruderbewegungen
umgesetzt. Tritt eine ernste Bedrohung auf, so kann es zur Panik unter
den Rudersklaven kommen. Sie schlagen wild um sich, schreien und zerren
an den Ketten. Der Trommelsklave kann jetzt hämmern, wie er will,
die Rudersklaven hören nicht mehr auf ihn. Hier kann nur noch eine
unsanfte Gewaltmaßnahme helfen.
Wenn der Notarzt bei einem Patienten mittels EKG ein Kammerflimmern feststellt,
dann "schießt" er mit Hilfe eines "Defibrillators",
kurz "Defi" genannt, einen heftigen Stromstoß in die Brust
des Patienten. Diese Erschütterung soll die Herzmuskeln entladen
und zur Ruhe bringen. Wenn es gelingt, das chaotische Flimmern (das "Fibrillieren")
der Herzmuskeln mit diesem Schlag zu stoppen, dann kann es sein, dass
der Sinusknoten (der Trommelsklave) von den Herzmuskeln (den Rudersklaven)
wieder wahrgenommen wird und das Herz zu seinem normalen Schlagrhythmus
zurückfindet.
Das Hauptproblem der Defibrillation liegt im Zeitfaktor. Je früher
der Patient den rettenden Stromstoß bekommt, desto größer
ist die Überlebenschance. Kommt eine Rettungsmannschaft mit ihrem
FRED ("First Responder Defibrillator") nach 10 Minuten zu einem
Patienten mit Kammerflimmern, dann ist die Hoffnung auf Rettung gering.
Aus diesem Grund wurden in manchen Ländern, in erster Linie aber
in den USA, Programme zur Frühdefibrillation gestartet. In Österreich
beginnt in diesen Tagen das Pilotprojekt PAD ("Public Access Defibrillation"
= öffentlich zugängliche Defibrillation), das vom AKH in Wien
wissenschaftlich begleitet wird. An häufig frequentierten Orten (Einkaufszentren,
Großbühnen usw.) sollen schon bald automatische "Defis"
angebracht und die Bevölkerung im Rahmen von Erste-Hilfe- und PAD-Kursen
zur Benützung dieser Geräte eingeschult werden. Verantwortungsbewusste
Menschen sollten bei Gelegenheit zum Roten Kreuz gehen und sich zu einem
PAD-Kurs anmelden. Dabei werden auch alte Kenntnisse in erster Hilfe aufgefrischt.
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