Die Vergangenheit hat in den Naturwissenschaften eine ganz spezielle
Bedeutung. Es geht um ein zeitlich möglichst genaues Panoramabild
der Vorzeit. Astronomen, Biologen und Physiker benützen zum Blick
in die Vergangenheit keine von Menschen geschriebenen Bücher sondern
die Naturgesetze. Einen Rückblick haben wir unmittelbar vor unseren
Augen. Das Tageslicht benötigt von der Sonne zur Erde etwa 8 Minuten.
Wir sehen also die Sonne, wie sie vor acht Minuten ausgesehen hat. Der
Andromedanebel - eine unserer Nachbargalaxien - ist 2 Millionen Lichtjahre
entfernt. In diesem Fall schauen wir 2 Millionen Jahre in die Vergangenheit.
Das Weltall ist auf Grund seiner riesigen Größe eine Zeitmaschine.
Heute gibt es verschiedene Methoden, in die Vergangenheit zu blicken.
Man verwendet unter anderem radiometrische Altersbestimmungen. Radioaktive
Atome zerfallen nach einem bestimmten Zeitplan, den man "Halbwertszeit"
nennt. In der Hauptsache werden Kalium-, Uran-, Rubidium-, Blei-, Kohlenstoff-
und andere radioaktive Isotope verwendet. Eine besondere Rolle spielt
der radioaktive Kohlenstoff-14. Einerseits zerfällt er, andererseits
wird er durch energiereiche kosmische Strahlen immer wieder neu gebildet.
In allen Lebewesen ist er in einem bestimmten Mengenverhältnis zu
finden. Nach dem Tod wird er durch Atmung und Nahrung nicht mehr ersetzt,
sondern zerfällt nur noch. Die Zahl der C-14-Atome in einem fossilen
Tier oder Baum gibt somit Auskunft über dessen Alter.
Bei besonders alten Gesteinen muss man andere Methoden anwenden, wie
etwa die radioaktiven Zerfallsreihen von Uran zu Blei, Thorium zu Blei
oder Kalium zu Argon.
Für die jüngere Vergangenheit benützt man Bohrkerne aus
Gletschern oder die "Dendrochronologie". Letztere ist eine Altersbestimmung
mit Hilfe von Jahresringen, die je nach Wetter und Klima unterschiedlich
dick gewachsen sind. Durch Aneinanderreihung von Jahresringen alter Bäume
bekannten Alters und durch Überlappung mit Jahresringen von historischen
und archäologischen Holzfunden lässt sich eine lückenlose
Jahresringfolge über die letzten Zehntausend Jahre erstellen. Manche
Bäume, wie beispielsweise an der Grenze Kaliforniens und Nevadas,
werden bis zu 6000 Jahre alt und halten sich abgestorben in dem trockenen
Klima noch Tausende von Jahren.
Auch die Genetiker haben gelernt, in die biologische Urzeit zu blicken.
Man kann Gene im Erbgut der Menschen und anderer Lebewesen auf ihr Alter
in der Erdgeschichte hin untersuchen. In den folgenden Wochen soll der
weite Blick zurück mehrmals zur Sprache kommen.
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