Wie viel Energie steckt in einer Semmel? Laut Kalorientabelle sind es 140 Kilokalorien
oder 586 Kilojoule. In Wahrheit steckt viel mehr drinnen. Die Aussaat
sowie Produktion und Transport des Kunstdüngers benötigen Energie.
Der Mähdrescher benötigt Energie, ebenso der Traktor, der den
Weizen einbringt und die Mühle, die Mehl erzeugt. Der Transport des
Mehls, die Bäckerei, der Weitertransport der Semmel zum Supermarkt,
die Verpackung - all das benötigt Energie in Form von Strom oder
Treibstoff. Die Semmel wird schließlich zusammen mit anderen Waren
mit dem Auto nach Hause gebracht. Umweltfreundliche Konsumenten und Sportler
benützen vielleicht das Fahrrad.
In der Nahrung, die auf dem Teller landet, steckt wenigstens fünfzig-
bis hundertmal mehr an Energie als sie tatsächlich an Nahrungsbrennwert
enthält. Die Produktion einer einzigen Semmel hat also statistisch
mindestens 7.000 Kilokalorien (30 Millionen Joule oder 8 Kilowattstunden)
an Energie verbraucht, bevor sie Kommissar Rex mit ein paar Scheiben Hochenergie-Wurst
verdrückt.
Kluge Köpfe gehen gerne mit Ausdrücken wie Industrie-, Kommunikations-,
Informations- oder Freizeitgesellschaft hausieren. Mystiker und Melancholiker
des Fortschritts reden gerne auch von "Postmoderne". Das Fundament all
dessen kann in einem einzigen Begriff zusammengefasst werden, denn der
wissenschaftliche und wirtschaftliche Fortschritt hat seinen Ursprung
in der Vergeudung unvorstellbarer Mengen an Energie. Kohle, Erdgas, Erdöl,
Wasserkraft und Atomkernspaltung haben das ermöglicht, was wir Wohlstand
und Fortschritt nennen: Wir sind die Energiegesellschaft.
Die Ökosysteme der Erde funktionieren über ein sensibles Wechselspiel
von Energiedurchläufen. Jeder zusätzliche Energieumsatz verändert
Ökosysteme nachhaltig. Unsere Gesellschaft kann daher beim Einsatz
von Energie nur Schadensminimierung betreiben, denn eine umweltfreundliche
Energienutzung gibt es nicht und wird es niemals geben. Auch die Energie
aus Wasserkraftwerken ist bestenfalls relativ umweltfreundlich. Sie spielt
zudem weltweit nur eine Statistenrolle.
Eine wesentliche Steigerung des Energieumsatzes ist nicht mehr möglich.
Die Nutzung der Wasserkraft ist weitgehend ausgereizt, die Kernenergie
hat keine Zukunft, und jede Steigerung der Verbrennung fossiler Reserven
wie Kohle oder Öl bläst noch mehr Kohlendioxid in die Atmosphäre.
Ein drastischer Rückgang des Energieverbrauchs bedeutete dagegen
eine weltweite Hungersnot, einen wirtschaftlichen Zusammenbruch und somit
einen Rückfall der Menschheit um Jahrhunderte. Die Lösung des
Dilemmas könnte in einer ökologisch sozialen Marktwirtschaft
liegen. Demnächst mehr dazu.
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