Die Herren-Abfahrtsläufe in Wengen, Kitzbühel und Garmisch und
der Damen-Abfahrtslauf in Cortina zählen zu den Renn-Höhepunkten
eines Schiwinters. Die Kommentatoren im Radio und Fernsehen erzählen
dem Publikum schier spannende Dinge über Höchstgeschwindigkeiten,
Trainingsergebnisse und andere Einzelheiten, die kurz darauf schon in
Vergessenheit geraten sind.
Manchmal lässt ein Sprecher Bemerkungen fallen, über die man
zumindest einige Augenblicke lang nachgrübelt. So geschehen bei einem
der Herren-Abfahrtsrennen. Da meinte der Co-Moderator der Direktübertragung
im Fernsehen sinngemäß in seiner Kärntner Mundart, dass
"der Läufer kurz vor’m Zühl so vühl Milchsäure im
Oberschenkel drin hot, dass seine Hax’n nur noch weh tuan."
Hinter der Ein-Satz-Kurzgeschichte von der Milchsäure steckt eine
höchst komplexe Wirkung unseres Energiestoffwechsels. Nach der Nahrungsaufnahme
werden im Zuge der Verdauung Fette zu Glycerin und Fettsäuren, die
Kohlenhydrate zu Zucker und Benztraubensäure sowie die Proteine zu
Aminosäuren abgebaut, wobei eine ganze Flotte von Enzymen zum Einsatz
kommt. Wer sich durch diese Fachausdrücke unfallfrei gelesen hat,
dem sei verraten, dass dies nur der Beginn einer ganzen Kette von Abläufen
ist, wobei sich verzweigte Wirkungskreisläufe einstellen, wie etwa
der "Krebs-Zyklus". Dieser ist nach dem Medizin-Nobelpreisträger
Adolf Krebs benannt und hat mit der gleichnamigen Krankheitsbezeichnung
nichts zu tun.
Den gesamten Umsetzungspfad von der Aufnahme der Nahrung im Darm und
des Sauerstoffs in der Lunge bis zur Freisetzung von Energie nennt man
Atmungskette. Am Ende der Atmungskette steht die pure Energie, und diese
lässt unser Herz schlagen, die Beine gehen, die Hände den Tennisschläger
führen oder unser Hirn - je nach Ausmaß der Benützung
-mehr oder weniger arbeiten. Der wesentliche und immer wiederkehrende
Vorgang der Atmungskette ist die "Oxidation", früher sagte man auch
"Verbrennung" dazu. Zu diesem chemischen Vorgang ist Sauerstoff nötig.
Nun kann es passieren, dass der Körper durch extreme Anstrengung
zu viel Energie benötigt. Der wichtigste Energiespeicher ist ein
Molekül namens ATP (Adenosintriphosphat). Ist diese Substanz durch
übermäßigen Sauerstoffbedarf aufgebraucht, wird auf Reservestoffe
(Kreatinphosphat) umgeschaltet. Sind auch diese konsumiert, beginnt der
Muskel Energie ohne Sauerstoff - aus Gärung - zu gewinnen. Dabei
wird die im Stoffwechsel vorkommende Benztraubensäure zu Milchsäure
abgebaut. Milchsäure kann langsam wieder zu Zucker umgebildet werden,
aber wenn ihre Konzentration rasch zunimmt, kommt es zum berühmten
Muskelkater, vor dem auch Spitzensportler und ihre "Hax’n" nicht verschont
bleiben.
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