Steigende Aids-Zahlen, die Maul- und Klauenseuche, Meldungen über
BSE und neu aufgetauchte, aber längst verschwunden geglaubte Seuchen
machen Angst. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte bereits in ihrem
Jahresbericht 1996 unter anderem verkündet: "Die dramatische
Zunahme sowohl unerforschter wie altbekannter Infektionskrankheiten kann
schon bald zu einer globalen Krise führen." Viele Infektionskrankheiten
stünden vor einem "tödlichen Comeback" hieß
es. Unter anderem wurden aufgezählt: Lungenentzündung, Cholera,
Typhus, Ruhr und natürlich Aids. Die WHO äußerte damals
die (prophetische) Befürchtungen, "der Erreger des Rinderwahnsinns
(BSE) könne auf den Menschen übertragen werden."
Die Gründe für die Zunahme der Infektionskrankheiten sind vielfach.
Das Wachstum der Weltbevölkerung bewirkt räumliche Nähe,
dadurch werden Infektionen wahrscheinlicher. Erst vor wenigen Wochen hat
die indische Bevölkerung die Milliardengrenze durchstoßen.
Mangelnde Hygiene in den Entwicklungsländern bietet Krankheitskeimen
zudem ideale Nährböden, und der weltweit ansteigende Flugverkehr
transportiert Viren und Bakterien in die letzten Winkel der Erde. Ein
weiterer Grund für die Zunahme der Erkrankungen ist die abnehmende
Wirksamkeit der Arzneimittel. Ein sorgloser Umgang mit Medikamenten, insbesondere
mit Antibiotika, hat multiresistente Krankheitserreger entstehen lassen,
gegen die kein Kraut gewachsen ist.
Im März 2000 warnte die WHO vor einer dramatischen Ausweitung der
Tuberkulose-Bakterien. Tuberkulose (abgekürzt "Tb") ist
eine lebensgefährliche Infektion. Laut Bericht erhöhte sich
in Deutschland und Dänemark der Anteil der gegen ein Medikament resistenten
Tb-Patienten seit 1996 um 50 Prozent". In Neuseeland verdoppelte
sich ihre Zahl. Nach Feststellungen der WHO sind in China, Indien, Iran,
Mosambik und Russland bei mehr als drei Prozent aller neuen Fälle
Bakterien bereits mehrfach resistent. Die Krankheit könnte somit
unheilbar werden. In Israel, Italien und Mexiko liegt dieser Anteil unter
neuen und teilweise behandelten Fällen bei sechs Prozent. In Estland
stieg 1997 das Ausmaß der gegen mehrere Medikamente resistenten
Fälle von 14 auf alarmierende 18 Prozent aller gemeldeten Tb-Erkrankungen.
Die Tendenz ist weltweit steigend.
Kehren die Seuchen zurück? Die Frage ist einfach zu beantworten:
Sie waren nur scheinbar verschwunden, und nun gewinnen sie rasch an Stärke.
Die Medizin hat viele Schlachten gewonnen, aber den Krieg kann sie nicht
gewinnen. Die Wissenschaft wird sich mit Seuchen herumschlagen müssen,
solange es Menschen gibt. Die Bakterien und Viren werden dabei das letzte
Wort haben.
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