Welt der Naturwissenschaften
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DÜFTE DES ADVENTS |
Der österreichische Schriftsteller Karl Heinrich Waggerl beschrieb in unnachahmlicher Weise Kindheitserlebnisse aus seiner Heimat: "Der Advent ist die Zeit der köstlichen Gerüche. Es duftet nach Wachslichtern, nach angesengtem Reisig, nach Weihrauch und Bratäpfeln. Ich sage nichts gegen Lavendel und Rosenwasser, aber Vanille riecht schon auch gut oder Zimt und Mandeln." In der bezaubernden Erzählung über den Advent seiner Kindheit geht es auch um Zucker, Teig, Nüsse, Lebkuchen und viele andere Herrlichkeiten. Früher war der Advent die stillste Zeit im Jahr. Heute dominiert hektisches Suchen nach Geschenken die vorweihnachtliche Zeit. Das Problem besteht meist im Finden einiger Geschenke, die der zu Beschenkende nur deswegen nicht hat, weil er sie wahrscheinlich gar nicht braucht. Vom Advent beschaulicher Zeiten ist nur noch selten das feierliche Aroma geblieben. Nur dann, wenn der Backofen zur Erzeugung duftender Kekse oder eines herrlichen Lebkuchens in Betrieb genommen wird, gibt es noch den Geruch des Advents. Der Geruchsinn zählt zu den vernachlässigten Sinnen, obwohl er in seiner Feinheit und Leistung bereits nach dem Auge kommt. Das menschliche Auge hat in der Netzhaut rund zweihundert Millionen Sinneszellen, der Geruchsinn kommt mit etwa zehn Millionen Rezeptorzellen bereits an zweiter Stelle. Das Geschmacksempfinden ist vergleichsweise schwach entwickelt. Wir können nur die Geschmacksrichtungen süß, sauer, salzig und bitter empfinden. Diese vier Wahrnehmungsqualitäten unserer Zunge können zu verschiedenen Empfindungen kombiniert werden. Dies ist jedoch nichts im Vergleich zum Geruchsinn. Man schätzt, daß der Mensch ungefähr 1 Million verschiedener Duftstoffe unterscheiden kann. Das Empfinden ist nicht bei allen Substanzen gleich intensiv. Während viele Tiere, insbesondere aber Hunde und viele Insekten einen wesentlich feineren Geruchsinn als der Mensch besitzen, zeigen wir Menschen bei bestimmten Substanzen geradezu erstaunliche Schnüffelqualitäten. So genügt ein tausendstel Gramm der organischen Substanz Skatol um sie in einer Halle mit 250.000 Kubikmeter noch deutlich wahrzunehmen. Kein Wunder, diese Substanz riecht nach Fäkalien. Der Mensch sei ein "Augentier", heißt es. Während sich der moderne Industriemensch seinem Fernsehgerät oder wenigstens der Stereoanlage widmet um damit Auge und Ohr zu füttern, pflegt er seine Geschmacks- und Geruchsnerven immer öfter mit schnellen und lieblosen Häppchen. Der Advent bietet die Gelegenheit, unsere geplagten Geruchsnerven in Ruhe zu verwöhnen. Beschenken wir sie wieder einmal mit dem Duft von Wachslichtern, Bratäpfeln, Vanille, Zimt, Mandeln und Lebkuchen. |
Der Stern von Bethlehem
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© 1997 Rudolf Öller, Bregenz |
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