Der britischer Physiker und Chemiker Michael Faraday (1791-1867) ist
vor allem wegen seiner Arbeiten auf dem Gebiet der elektromagnetischen
Induktion berühmt geworden. Unter der Induktion versteht man die
einfache Tatsache, daß ein bewegter Magnet in einer Drahtspule eine
elektrische Spannung hervorbringen ("induzieren") kann. Die
Anwendungen dieser Entdeckung in Form von Dynamos und Generatoren sind
allgemein bekannt.
Faraday war der Sohn eines Hufschmiedes. Während er bei einem Buchbinder
in die Lehre ging, las er nebenbei wissenschaftliche Bücher und experimentierte
mit Elektrizität. Im Jahr 1812, als Napoleons Armee in Rußland
zugrunde ging, besuchte er Vorlesungen des Chemikers Sir Humphry Davy.
Davy erkannte bald das Genie des jungen Faraday und stellte ihn als Assistent
in seinem chemischen Labor an der Royal Institution ein. Faraday wurde
1824 in die "Royal Society" gewählt und im darauffolgenden
Jahr zum Direktor des dortigen Laboratoriums ernannt. Faraday arbeitete
u. a. an der Verflüssigung von Chlorgas, an der Herstellung
von Chlorverbindungen und entdeckte das Benzol - eine für die Industrie
unverzichtbare Substanz.
Faraday und seine Mitarbeiter hielten jahrelang öffentliche Vorlesungen
im "Royal Institute". Ein Grund dafür war auch das mangelhafte
Budget, welches die englische Krone dem Institut gewährte. Geldmangel
in der Forschung gab es auch schon früher. Obwohl der Eintritt für
Faradays Vorlesungen nicht billig war, blieb kein Platz frei.
Zur Weihnachtszeit wurden besondere Vorlesungen für Kinder angeboten.
Diese Weihnachtsvorlesungen, die übrigens immer noch gehalten werden,
waren besonders sorgfältig vorbereitet. Heute würde man von
"kindgerechten" Lehrveranstaltungen sprechen. Im Rahmen dieser
Vorlesungen wurden allerlei physikalische und chemische Experimente vorgeführt
und ausführlichst erklärt. Faraday war nicht nur ein hervorragender
Experimentator sondern auch ein brillanter Vortragender. Die Vorträge
erlangten im Laufe der Jahre solche Berühmtheit, daß sich sogar
Angehörige des Königshauses nicht schämten, gemeinsam mit
dem Volk den Ausführungen interessiert zu folgen. Selbst der Prince
of Wales und spätere König Edward VII besuchte diese Weihnachtsvorlesungen.
Welch eine Vision! Michael Faraday, der zeitlebens tiefgläubige
Christ und engagierte Forscher, der öffentliche Auszeichnungen mit
Argwohn betrachtete, war der Meinung, daß man Wissenschaft nicht
im vielzitierten elfenbeinernen Turm betreiben dürfe. Forschung und
Lehre ist spätestens seit Michael Faraday eine "res publica",
eine öffentliche Angelegenheit, denn die Wissenschaften haben auf
das Leben der Menschen und den Gang der Geschichte einen tiefgreifenden
Einfluß.
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