Betrügereien in der Wissenschaft haben sich in den letzten Jahren
derart gehäuft, dass renommierte Zeitschriften Gegenmaßnahmen
ergreifen mussten. Es ist nicht immer leicht, bei Falschmeldungen eine
Grenze zwischen Betrug und Wunschdenken zu ziehen. Die nicht enden wollenden
Jubelmeldungen der letzten Jahre über "Durchbrüche"
in der Aids-Forschung waren jedenfalls alle falsch. Ein Durchbruch in
der Aids-Forschung wäre die Entwicklung eines Wirkstoffes zur Heilung
der Krankheit, aber diese Heilung ist nicht in Sicht.
Den Ernst der Lage zeigt ein Vorfall im Juli dieses Jahres. Demnach treten
Betrügereien nicht nur in den Bereichen Medizin und Pharmazie sondern
neuerdings auch in der Hochenergiephysik auf. Die Herstellung schwerer
Atome ist so etwas wie ein Sport in der Physik. Wer Erfolge vorweisen
kann, bekommt Geld vom Staat und von privaten Investoren, oft auch vom
Militär.
Das leichteste in der Natur vorkommende Atom ist Wasserstoff mit der
Ordnungszahl 1, das schwerste ist Uran mit der Nummer 92. In der Hochenergiephysik
kann man unter Einsatz hoher Teilchengeschwindigkeiten schwerere Atomkerne
und damit neue Elemente mit noch unbekannten Eigenschaften künstlich
erzeugen. Die 1999 vom "Lawrence Berkeley National Laboratory"
in Kalifornien publizierte Herstellung der superschweren Elemente 116
und 118 hat sich kürzlich als Betrug herausgestellt. Die Untersuchung
der Vorfälle führte bisher zur Entlassung eines führenden
Wissenschaftlers. Forscher der deutschen Gesellschaft für Schwerionenforschung
in Darmstadt haben überdies herausgefunden, dass im gleichen Labor
auch bei der Herstellung der Elemente 110 und 112 Daten gefälscht
wurden. Das Laboratorium musste die mit Stolz verkündete Herstellung
der Elemente 116 und 118 zurückziehen. Eine unbeschreibliche Schande
für ein weltweit führendes Institut.
Als das Energieunternehmen Enron nach massiven Bilanzbetrügereien
bankrott ging, dachte man zunächst an einen Einzelfall. Rasch sollte
sich herausstellen, dass Enron nur die Spitze eines Eisbergs war, der
an den Börsen die Aktien fallen ließ. Nun geht auch im Wissenschaftsbereich
die Angst um. Der Betrugsfall im Berkeley Laboratorium ist nämlich
längst kein Einzelfall mehr. Die renommierten Bell Laboratorien der
US-Telekommunikationsfirma "Lucent Technologies" haben Ende
September den deutschen Physiker Jan-Hendrik Schön wegen Datenfälschung
gefeuert. Schön habe eine "rücksichtslose Missachtung der
Unverletzlichkeit wissenschaftlicher Daten gezeigt", heißt
es in einem Bericht des Komitees, das im Mai dieses Jahres zur Beurteilung
des Fälschungsvorwurfs eingesetzt worden war.
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