Nicolas Sarkozy hat das erste Rennen gewonnen. Wenn er auch die Stichwahl
gewinnt, dann ist er der neue Präsident Frankreichs. Sarkozy gilt
als rabiater Stratege, der nach dem Erfolgsrezept des ehemaligen Bayrischen
Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß vorgeht, wonach rechts
neben ihm kein Platz sein darf. Mit dieser Methode ist er zum Gottseibeiuns
der Linken aufgestiegen. Wenn es um die ganz große Macht geht,
dann reichen offenbar die feinen Klingen und Holzprügel nicht mehr.
Da braucht es schon Vorschlaghämmer. Die Sätze, die in einem
Wahlkampf fallen, sollte man nicht auf die Goldwaage legen, aber eine
Äußerung von Sarkozy blieb zumindest im Gedächtnis der
Biologen hängen. Es war sinngemäß davon die Rede, dass
Kinderschänder als solche zur Welt kommen. Ihr Schicksal sei vom
Anfang an durch ihre Gene festgelegt.
Die Idee der Vorherbestimmung ist keine Ausgeburt des 20. Jahrhunderts,
sie ist uralt. Kein Geringerer als der Heilige Augustinus, der gemeinsam
mit anderen Heiligen, wie Ambrosius und Hieronymus, zu den „Kirchenlehrern“
gezählt wird, hat die „Prädestinationslehre“ vertreten.
Sie entstand im Streit mit seinem Widersacher, dem Mönch Pelagius.
Dieser vertrat die Meinung, die freie sittliche Tat könne Gott
besänftigen und zur Rettung des Menschen führen. Wer anständig
und gottgefällig lebt, hat eine Chance auf einen Platz im Paradies.
Augustinus widersprach. Er war, unter Berufung auf die Erbsünde
und die Lehre des Apostel Paulus, der pessimistischen Meinung, dass
der Mensch unfrei sei. Sein Schicksal ist nach Gottes Willen angeboren.
Nur Gott allein verdamme und errette die Menschen nach seinem unerforschlichen
Ratschluss. Diese Lehre konnte sich in der Kirche nie durchsetzen. Die
Kirche verwässerte Augustinus’ Darstellung und entwickelte
später eine Art Augustinus-Pelagius-Mischtheologie.
In den Wissenschaften gab es eine vergleichbare Entwicklung, wobei
sich die philosophischen Randzonen des Menschenbildes in der Hand von
Ideologen befinden. Einerseits gab und gibt es die Überzeugung,
unsere Gene bestimmten zu hundert Prozent unser Schicksal. Auf der anderen
Seite gibt es das Gegenmodell, wonach alle Menschen als unbeschriebene
Wesen und absolut gleich zur Welt kommen. Allein das Umfeld präge
und bilde einen Menschen. Beide extremen Ansichten sind unhaltbar. Die
Menschen sind von Natur aus grundverschieden. Alle Versuche von Königen,
Fürsten, Pädagogen, Philosophen und Diktatoren, die Menschen
gleichzuschalten, sind ausnahmslos gescheitert. Weder Erziehung noch
Dressur kann sie gleich machen, aber Erziehung und Bildung können
den Lebenschancen eines Menschen sehr wohl eine Richtung geben. Demnächst
mehr dazu.