Am Ende der Sommerserie über Ideologien sei die Frage nach dem Urahn
aller Ideologen gestellt. Am ehesten trifft dieser zweifelhafte Ehrentitel
auf den griechischen Philosophen Platon zu. Platons Bewunderer schwärmen
gerne von dessen wunderbaren Ideen und tiefen philosophischen Betrachtungen,
von denen viele erhalten sind. Jedem Gymnasiasten wird beispielsweise
heute noch Platons berühmtes Gleichnis von den Schattenbildern an
der Höhlenwand erklärt.
Platon war der Sohn einer vornehmen Aristokratenfamilie aus Athen. Platons
Vater starb früh, seine Mutter heiratete Pyrilampes, einen Freund
des Perikles. Als junger Mann engagierte sich Platon in der Politik, zog
sich aber bald enttäuscht zurück. Später wurde er Schüler
des berühmten Philosophen Sokrates, dessen Hinrichtung (399 v. Chr.)
er öffentlich verurteilte. Da Platon sich als Sokrates-Schüler
nicht in Sicherheit glaubte, reiste er nach Italien, Sizilien und Ägypten.
Später kehrte er zurück und gründete in Athen seine Akademie,
in der ein breiter Fächerkanon (Astronomie, Mathematik und Philosophie)
angeboten wurde. Der berühmteste Schüler der Akademie war Aristoteles.
367 v. Chr. ging Platon nach Sizilien, wo er erfolglos versuchte, bei
Dionysos II seine Philosophie mit dem praktischen politischen Leben verbinden
zu können. Platon starb im hohen Alter von 80 Jahren in Athen.
Platons bedeutendstes politisches Werk, die „Politeia“ (der
Staat) beschäftigt sich mit dem Problem der Gerechtigkeit und der
idealen Staatsverfassung. Platon zufolge setzt sich der vollkommene Staat
aus drei Ständen zusammen. Für die wirtschaftliche Struktur
des Staates ist der Stand der Gewerbetreibenden zuständig. Die Sicherheit
des Volkes wird von den Kriegern gewährleistet und die politische
Leitung von Philosophen und Königen gebildet. Der Stand eines Menschen
wird durch seine Erziehung bestimmt, deren Ziel die Weisheit ist. Diese
Ideen Platons kann man als Urgedanken eines demokratischen Staates mit
Gewaltenteilung ohne weiteres akzeptieren. Der Teufel steckt jedoch im
Detail, und diese Details sind grausam. Platons erste Opfer waren die
Atheisten, die sich damals gegen den Glauben an die dekadenten Götter
wandten. Platon empfahl, gegen Atheisten gewaltsam vorzugehen und jeden
unreligiösen Materialismus zu verbieten. Freiheit war für Platon
Gesetzlosigkeit, Gleichheit vor dem Gesetz Unordnung. Platons Lieblingsidee
war die Reinhaltung des Staates von schlechten Elementen: „ …
den Staat um seines Besten willen reinigen, indem sie einige seiner Bürger
töten oder deportieren … “ Platon empfahl, um es hart
aber korrekt auszudrücken, ideologische Abweichler als Feinde des
Staates zu liquidieren.