Kurz nach Weihnachten erfüllte sich Europa einen lang gehegten
Wunsch. Ende Dezember 2005 begann mit einem von einer russischen Rakete
transportierten Testsatelliten der Aufbau des Navigationssystems „Galileo“,
das ab 2010 eine genaue Ortsbestimmung überall auf der Erde ermöglichen
soll. Als Konkurrent zum US-System GPS („Global Positioning System“)
soll Galileo den Weg in ein neues europäisches technologisches Zeitalter
weisen und die Abhängigkeit von den USA verringern. Das Satellitensystem
als Gemeinschaftsprojekt der Raumfahrtagentur ESA und der EU war ein enormer
Kraftakt. Jahrelang war um Finanzierung und Standorte gestritten worden.
Erst vor einem Monat einigten sich die beteiligten Staaten darauf, dass
die Kontrollzentren für den technischen Betrieb nach Oberpfaffenhofen
bei München und Fucino bei Rom kommen. Die Betreibergesellschaft
soll in Toulouse und London angesiedelt werden.
Die Satelliten des amerikanischen GPS-Systems befinden sich auf festgelegten
Erdumlaufbahnen. Mit Hilfe dieses Systems können Benutzer eines GPS-Empfangsgerätes
ihre genaue Position bestimmen. Das GPS-Gerät misst dabei die Signalzeit
von Satelliten zum Empfänger und berechnet die Entfernung. Zur Bestimmung
von Längengrad und Breitengrad benötigt das Gerät die Signale
von drei Satelliten. Soll zusätzlich auch die genaue Höhe ermittelt
werden, ist ein viertes Signal erforderlich. Voraussetzung für die
Funktion sind extrem genaue Atomuhren an Bord der Satelliten.
Jede satellitengestützte Ortsbestimmung liefert nur dann richtige
Werte, wenn Einsteins Relativitätstheorie berücksichtigt wird.
Demnach gehen ruhende Uhren schneller als bewegte. Die Atomuhren an Bord
von GPS-Satelliten gehen aufgrund der Bahngeschwindigkeit jeden Tag etwa
sieben Mikrosekunden im Vergleich zu den systemgleichen Uhren auf der
Erde nach. Zusätzlich muss die Schwerkraft berücksichtigt werden.
Atomuhren in großer Höhe unterliegen einer geringeren Gravitationskraft
als die Uhren auf der Erdoberfläche. Dadurch laufen die Rubidium-Atomuhren
wegen der von Einstein richtig vorausgesagten und berechneten Krümmung
der Raumzeit 45 Mikrosekunden pro Tag schneller als die Uhren auf der
Erde. Insgesamt ergibt sich somit ein Unterschied von 38 Mikrosekunden
pro Tag. Das erscheint auf den ersten Blick wenig, aber ein Satellitensystem,
das die Effekte der Relativitätstheorie nicht berücksichtigt,
würde Fehlangaben von mehreren Kilometern erzeugen.
Es gibt angeblich immer noch arglose Zeitgenossen, die die Relativitätstheorie
für ein Hirngespinst halten, obwohl jedes mit GPS bestückte
Auto, Schiff oder Flugzeug eine veritable „Einsteinmaschine“
an Bord hat.