Unser Zeitempfinden wechselt. Glückliche Menschen wollen die Zeit
anhalten, gestresste Menschen möchten einen Tag im Zeitraffer vorbeigehen
sehen. Manchmal scheinen sich die Stunden und Tage in die Länge zu
ziehen, während gleichzeitig die Jahre verfliegen. Tatsächlich
verfließt die Zeit aber gleichmäßig.
Die ältesten Zeitmessungen orientierten sich an natürlichen
Rhythmen. Naturvölker kommen mit einer Zeiteinteilung in Form von
Tagen und Jahren ohne weiteres zurecht. Unsere Welt mit Quarzuhren, Rennautos
und GPS-Satelliten braucht aber kürzere Zeiteinheiten.
Die erste Revolution in der Zeitmessung bewirkte der holländische
Mathematiker und Physiker Christiaan Huygens im 17. Jahrhundert durch
die Erfindung der Pendeluhr. Huygens Uhren konnten - den damaligen Bedürfnissen
entsprechend - die Stunden anzeigen. Der Minutenzeiger kam im 18. Jahrhundert
dazu, der Sekundenzeiger im 19. Jahrhundert. Die Sekunde als der 3600ste
Teil einer Stunde wurde bald als technische Maßeinheit der Zeit
definiert. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war die Sekunde der 86.400ste
Teil des mittleren Sonnentages. Man wusste damals, dass die Tageslänge
wegen der Verlangsamung der Erdrotation nicht konstant ist, und ein Sonnentag
etwa 4 Minuten länger dauert als ein Sternentag. 1967 wurde die Sekunde
neu definiert: Seit damals ist die Sekunde die rund neunmilliardenfache
Dauer der Schwingung eines Elektrons innerhalb eines bestimmten Caesiumatoms.
Die Fortschritte der Hochenergiephysik hatten diese Neufestlegung notwendig
gemacht.
Betrachten wir einmal einige Größenordungen der Zeit: 1017
Sekunden ist das ungefähre Alter des Universums (die hinter der Zahl
10 hochgestelle Zahl bedeutet nichts anderes als die Zahl der Nullen).
1011 Sekunden ist der verstrichene Zeitraum seit der Jungsteinzeit.
2,5 Milliarden (2,5*109) Sekunden sind etwa ein Menschenleben.
3000 Sekunden dauert eine Unterrichtseinheit - zu lange am Nachmittag,
zu kurz für eine Schularbeit. Ein Herzschlag dauert eine oder eine
halbe Sekunde, je nachdem ob man schläft oder als Teenager ein attraktives
Wesen des jeweils anderen Geschlechts sieht. Der in der Musik verwendete
Referenzton hat eine Frequenz von 440 Hertz. Eine Schwingung, die diesen
Ton erzeugt dauert 2,273 * 10-3 Sekunden (0,002273 Sekunden).
Die Elektronenschwingung, die dem Licht zugrunde liegt, dauert etwa 10-15
Sekunden (das Minus in der hochgestellten Zahl verweist auf die Stelle
hinter dem Komma). Elektronenschwingungen sind das "Pendel"
der in den Fünfzigerjahren erstmals gebauten supergenauen Atomuhren.
Sie sind heute die präzisen Wächter der Zeit.
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