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Freiheit kann auch die Freiheit des aufgeknöpften Hemdes vor der Hinrichtung bedeuten.
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8. Dezember 2024


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PONTIUS PILATUS

Die Aufregungen rund um den Film „Die Passion Christi“ von Mel Gibson sind verraucht. Die Entrüstungen über diesen Film wurden künstlich hochgespielt. Wahrscheinlich haben empörte Zeitgenossen Filme wie Samuel Peckinpahs „Wild Bunch“, Stanley Kubricks „Clockwerk Orange“ oder Quentin Tarantinos „Kill Bill“ nicht gesehen. Diffamierende Wortmeldungen, wonach Befürworter des Gibson-Films in der Sado-Maso-Szene verkehrten oder gefährliche christliche Fundamentalisten seien, sind keinen Kommentar wert.

Bei all den Diskussionen um Jesus von Nazareth geht die Person des Pontius Pilatus fast unter. Pilatus stammte wahrscheinlich aus einem niederen römischen Adel. Gefördert vom Präfekten der Kaisergarde in Rom wurde er während der Herrschaft des Kaisers Tiberius im Jahr 26 Präfekt von Judäa und Samaria. Der Historiker Flavius Josephus beschrieb Pilatus als rücksichtslosen Verwalter, der für die religiösen Überzeugungen und den Stolz der Juden kein Verständnis aufbrachte. Die tolerante Haltung seiner Vorgänger gegenüber der Religion der Juden gab Pilatus auf und demonstrierte provokativ römische Vorherrschaft. Pilatus ließ Standarten mit dem Bild des Kaisers in Jerusalem aufstellen und Münzen mit den Symbolen römischer Macht prägen, worauf die Juden mit passivem Widerstand reagierten. Pilatus antwortete mit Massenverhaftungen und Kreuzigungen.

Pilatus war also nicht der mehr schlecht als recht geduldete Präfekt, der von der Garnison Caesarea aus für Recht und Ordnung sorgte, sondern der abgrundtief verhasste Besatzer eines Landes, in denen die Gläubigen einen Erlöser leidenschaftlich erwarteten. Der hohe Rat der Juden (lateinisch „Synedrium“, hebräisch „Sanhedrin“), der in den Evangelien erwähnt wird, war die oberste religiöse und politische Instanz der Juden. Der Sanhedrin zählte 71 Mitglieder und stand unter dem Vorsitz des Hohepriesters. Matthäus (26,57) berichtet über das Verhör vor dem Sanhedrin, über die Forderung der Juden, Jesus hinzurichten und über Pilatus’ demonstrative Händewaschung (27,24).

Diese Szene dürfte nie stattgefunden haben. Erstens hat der jüdische Hohe Rat als Todfeind der römischen Verwaltung keine Juden an die Römer ausgeliefert, zweitens pflegte Pilatus diverse Gauner und verdächtige Aktivisten nach der Methode „zuerst foltern, dann kreuzigen“ kurzerhand zu beseitigen. Jesu Kreuzigung war kein Einzelfall. Ein milde gestimmter und Hände waschender Pontius Pilatus wurde wahrscheinlich nachträglich in das Matthäusevangelium eingefügt, um die spätere Verbreitung des Christentums im Römischen Reich nicht zu behindern.

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© 2004 Rudolf Öller, Bregenz


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