Die Aufregungen rund um den Film „Die Passion Christi“
von Mel Gibson sind verraucht. Die Entrüstungen über diesen
Film wurden künstlich hochgespielt. Wahrscheinlich haben empörte
Zeitgenossen Filme wie Samuel Peckinpahs „Wild Bunch“, Stanley
Kubricks „Clockwerk Orange“ oder Quentin Tarantinos „Kill
Bill“ nicht gesehen. Diffamierende Wortmeldungen, wonach Befürworter
des Gibson-Films in der Sado-Maso-Szene verkehrten oder gefährliche
christliche Fundamentalisten seien, sind keinen Kommentar wert.
Bei all den Diskussionen um Jesus von Nazareth geht die Person des Pontius
Pilatus fast unter. Pilatus stammte wahrscheinlich aus einem niederen
römischen Adel. Gefördert vom Präfekten der Kaisergarde
in Rom wurde er während der Herrschaft des Kaisers Tiberius im Jahr
26 Präfekt von Judäa und Samaria. Der Historiker Flavius Josephus
beschrieb Pilatus als rücksichtslosen Verwalter, der für die
religiösen Überzeugungen und den Stolz der Juden kein Verständnis
aufbrachte. Die tolerante Haltung seiner Vorgänger gegenüber
der Religion der Juden gab Pilatus auf und demonstrierte provokativ römische
Vorherrschaft. Pilatus ließ Standarten mit dem Bild des Kaisers
in Jerusalem aufstellen und Münzen mit den Symbolen römischer
Macht prägen, worauf die Juden mit passivem Widerstand reagierten.
Pilatus antwortete mit Massenverhaftungen und Kreuzigungen.
Pilatus war also nicht der mehr schlecht als recht geduldete Präfekt,
der von der Garnison Caesarea aus für Recht und Ordnung sorgte, sondern
der abgrundtief verhasste Besatzer eines Landes, in denen die Gläubigen
einen Erlöser leidenschaftlich erwarteten. Der hohe Rat der Juden
(lateinisch „Synedrium“, hebräisch „Sanhedrin“),
der in den Evangelien erwähnt wird, war die oberste religiöse
und politische Instanz der Juden. Der Sanhedrin zählte 71 Mitglieder
und stand unter dem Vorsitz des Hohepriesters. Matthäus (26,57) berichtet
über das Verhör vor dem Sanhedrin, über die Forderung der
Juden, Jesus hinzurichten und über Pilatus’ demonstrative Händewaschung
(27,24).
Diese Szene dürfte nie stattgefunden haben. Erstens hat der jüdische
Hohe Rat als Todfeind der römischen Verwaltung keine Juden an die
Römer ausgeliefert, zweitens pflegte Pilatus diverse Gauner und verdächtige
Aktivisten nach der Methode „zuerst foltern, dann kreuzigen“
kurzerhand zu beseitigen. Jesu Kreuzigung war kein Einzelfall. Ein milde
gestimmter und Hände waschender Pontius Pilatus wurde wahrscheinlich
nachträglich in das Matthäusevangelium eingefügt, um die
spätere Verbreitung des Christentums im Römischen Reich nicht
zu behindern.
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