Das Christentum entwickelte sich in der Zeit des Niedergangs des Römischen
Reiches zur herrschenden Religion. Sie zerstörte nicht die griechische
Naturwissenschaft, denn diese hatte bereits ihre Bedeutung verloren, als
das Christentum noch eine Sekte war. Dennoch widersetzte sich die Kirche
viele Jahrhunderte hindurch jedem Versuch, die Naturwissenschaft neu zu
beleben. Nur die Bibel, deren Interpretation durch die Gelehrten und die
Schriften der Kirchenväter waren als Quellen der Erkenntnis erlaubt.
Das Studium weltlicher Dinge wurde zu einer Sache des Teufels.
Nicht alle teilten diese Meinung und betrieben in der Stille ihre Forschungen.
Der Engländer Beda (673-735) kämpfte um das Überleben weltlicher
Wissenschaft und bewahrte vieles vom Wissen des Altertums. Ein Jahrhundert
nach Mohammed standen die Araber vor den Toren Konstantinopels im Osten
und am Rande Frankreichs im Westen. Militärisch und religiös
galten sie als eine schreckliche Geißel für das christliche
Europa, doch im kulturellen Bereich erwiesen sie sich damals als Reformer.
Sie entdeckten unter anderem die Arbeiten von Aristoteles und studierten
sie. Der bedeutendste unter den moslemischen Biologen war der Perser Abu-Ali
al-Husayn Ibn-Sina, der auch unter dem Namen Avicenna (980-1037) bekannt
ist. Avicenna schrieb zahlreiche Bücher, deren Inhalt auf dem Wissen
der Griechen und Römer aufbaute. Der Theologe Thomas von Aquin versuchte
im 13. Jahrhundert die von den Arabern nach Europa gebrachte aristotelische
Philosophie mit dem christlichen Glauben in Einklang zu bringen, denn
für Thomas war die menschliche Vernunft nichts Gottloses. Damit waren
die Voraussetzungen für eine Erneuerung der Wissenschaft in der Renaissance
gegeben.
In Bologna gab es im Spätmittelalter eine Schule für Rechtswissenschaft,
in der man die Meinung vertrat, dass Rechtsfragen bezüglich einer
Todesursache am besten durch eine Obduktion der Leiche zu klären
seien. Nachdem man die Öffnung menschlicher Körper allgemein
für zulässig befunden hatte, nutzte man dies sofort für
die biologische Grundlagenforschung. In Bologna und Salerno entstanden
berühmte medizinische Fakultäten. Der Italiener Mondino de'
Luzzi (1275-1326) war einer der ersten Anatomen, und der berühmte
Leonardo da Vinci (1452-1519) se-zierte Menschen, Tiere und Pflanzen und
trug sein Wissen über Knochen, Muskeln und Pflanzenteile in die Kunst
hinein. Der Schweizer Arzt Theophrastus Bombastus von Hohenheim (1493-1541)
- er nannte sich selber „Paracelsus“ - brachte schließlich
seine alchimistische Erfahrung in die Medizin und förderte damit
die Entwicklung der Pharmazie.
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