Den Freunden gediegener Rockmusik wird warm ums Herz, wenn von "Jethro
Tull" die Rede ist. Die englische Rockband Jethro Tull wurde 1967
vom Sänger und Flötisten Ian Anderson in London gegründet.
1971 gelang ihnen der Durchbruch. Rasch etablierte sich die Band als eine
der populärsten Popgruppen der siebziger Jahre, deren Musik einzigartig
und unverwechselbar ist. Klangmythen aus früheren Epochen wurden
in ein Gerüst aus Blues-Rock und klassischen Zitaten kunstvoll eingebaut.
Ian Anderson führte die Querflöte als ernst zu nehmendes Instrument
in die Rockmusik ein, und mit dem Tragen alter Kostüme inszenierte
die Band ihre Liveshows als moderne Burleske. Der größte Erfolg
ihrer Karriere gelang Jethro Tull mit "Locomotive Breath" aus
dem ebenfalls sehr erfolgreichen Album "Aqualung". Seit dem
Aufkommen der Punkbewegung verlor Jethro Tull an Bedeutung, erlebte jedoch
im Rahmen des Revivaltrends der neunziger Jahre eine Renaissance. Kommende
Woche geben Jethro Tull Konzerte in Italien. Sie treten unter anderem
in Brescia, Ancona, Rom und Cagliari auf. In der letzten Juniwoche gastieren
sie in mehreren deutschen Städten.
Nicht nur die Musik von Jethro Tull ist ungewöhnlich. Auch der Name
hebt sich von dem anderer Rockbands ab. Benannt ist die Band nach einem
Engländer, der sich um die Entwicklung der Welternährung verdient
gemacht hat.
Der historische Jethro Tull (1674-1741) war ein englischer Landwirt,
der wegen seiner Erfindungen von Ackerbautechniken und -geräten berühmt
wurde. Tull wurde in Basildon (Berkshire) geboren und studierte an der
Universität Oxford. Später wurde Tull zum Anwalt der Krone ernannt,
obwohl er nie als Jurist tätig war. Vielmehr wurde er Landwirt und
erfand eine Maschine, die Samen in Reihen aussäte. Zwischen den Reihen
konnte mit einem Kultivator gearbeitet werden, dadurch musste weniger
Unkraut gejätet werden. Der in der Maschine verwendete Rotationsmechanismus,
den Jethro Tull erfand, bildete die Grundlage aller späteren Sämaschinen.
Tull legte Wert auf die Lockerung des Bodens, so dass Luft und Feuchtigkeit
an die Wurzeln der wachsenden Pflanzen gelangen konnten. Zu diesem Zweck
entwickelte er eine Pferdehacke.
Die Drillmaschine zur Aussaat erfand Jethro Tull 1701, also vor genau
300 Jahren, als die Bevölkerung und der Nahrungsbedarf deutlich anstiegen.
Die Mechanisierung der Landwirtschaft löste somit ein Problem. Erstaunlich,
dass ausgerechnet eine gute Rockband an einen beinahe in Vergessenheit
geratenen Mitbegründer der modernen Landwirtschaft erinnert.
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