"Natura non facit saltus" - die Natur macht keine Sprünge.
Dieses jahrhundertealte Prinzip war ursprünglich richtungsweisend
bei der Begründung der modernen Physik im 17. Jahrhundert. Es besagt,
daß unsere Welt nicht aus kleinsten Bausteinen (Atomen) aufgebaut
sei. Dieses auf Aristoteles und andere Philosophen zurückgehende
Prinzip spielte als Lehrsatz eine wesentliche Rolle in den Naturwissenschaften
bis weit ins 19. Jahrhundert hinein. Zu den Vertretern dieses Weltbildes
zählte auch ein junger Physiker namens Max Karl Ernst Ludwig Planck,
geboren am 23. April 1858 in Kiel. 1889 kam Planck nach Berlin und wurde
Professor für theoretische Physik.
1894 nahm Planck ein großes Thema in Angriff. Er wollte eine Formel
für die Energieverteilung von Strahlungen finden, und im Jahre 1900
konnte er tatsächlich eine neue Formel vorweisen. Planck hätte
stolz sein können, in Wahrheit war er verunsichert, denn in seiner
Formel tauchte eine konstanter Betrag auf, der schlagartig ein ganzes
Weltbild veränderte. Dieses "Plancksche Wirkungsquantum",
zählt heute zu den wichtigsten und fundamentalsten Zahlen in der
Wissenschaft. Strahlung und Energie wird demnach nicht gleichmäßig,
sondern in winzigen Energiepaketen übertragen, die man mit Hilfe
der Planckschen Zahl berechnen kann.
Hielt man Strahlungen bisher für reine Wellen, so hatte sich nun
herausgestellt, daß Strahlungen aus kleinen "Quanten"
bestehen. Ein Widerspruch zu allen bisher bekannten Lehrsätzen der
Physik. Planck war beunruhigt, denn er, der Humanist und Anhänger
Aristoteles, hatte immer das Prinzip der Kontinuität der Natur vertreten.
Doch Max Planck war, wie Einstein fünf Jahre später, zum Wegbereiter
einer neuen Physik geworden.
Aus heutiger Sicht mag uns die Geschichte belanglos erscheinen, doch
damals, zu Beginn des 20. Jahrhunderts, löste sie bei Physikern und
Philosophen Verwirrung aus. Planck beinahe resignierend: "Früher
war die Physik einfacher, harmonischer und daher auch befriedigender.
Man hatte schöne Theorien und durfte darauf vertrauen. Heute ist
das anders geworden ... jede Neuerung ist mit unbehaglichen Übergangserscheinungen
verbunden, und wir stehen jetzt mitten in denselben drinnen."
Plancks Genialität bestand nicht nur darin, daß er ein fundamentales
Naturgesetze entdeckt hatte. Er wuchs über sich hinaus, indem er
ein liebgewordenes aber unhaltbares Lehrgebäude über Bord warf
und seine eigene bahnbrechende Theorie letztlich doch akzeptierte. Nobelpreisträger
Max Planck, der Störenfried wider Willen, starb am 4. Oktober 1947
als armer Mann.
|
|