Verlage und Autoren wissen es schon lange. Wenn in einem Sachbuchtitel
das Wort „Gott“ vorkommt, dann verkauft sich das Buch besonders
gut. Der Physiker Stephen Hawkins (der berühmte im Rollstuhl sitzende
Fachmann für Kosmologie und die allgemeine Relativitätstheorie)
hat zudem gemeint, dass jede Formel in einem Sachbuch die Verkaufszahlen
halbiert. Gott rein und Mathematik raus, das ist der Verkaufsschlager.
Offenbar scheint der Physiker und Wissenschaftsjournalist Marcus Chown
diesen Rat beherzigt zu haben, denn sein Buch „Warum Gott doch
würfelt“ enthält keine Formel, erwähnt aber Gott
im Titel. Der Grund, warum dieses Buch hier für naturwissenschaftlich
interessierte Zeitgenossen empfohlen sei, liegt in der grandiosen Art,
mit der dem Laien die moderne Physik erklärt wird. „Ich glaube
nicht, dass der Alte würfelt“, meinte seinerzeit Einstein.
Heute wissen wir, dass „der Alte“ es doch tut. Man kann
das Zufallsprinzip sogar eindeutig beweisen. Probleme mit dieser Erkenntnis
haben nur diejenigen, die dem lieben Gott vorschreiben wollen, wie er
die Welt zu gestalten hat. Das Buch lebt von seiner Sachlichkeit und
vom unterkühlt schrägen Humor des Autors. Auf einer der Internetseiten
schreibt ein begeisterter Leser: „Marcus Chown rocks“. Marcus
Chowns Buch über „schizophrene Atome“ und andere Merkwürdigkeiten
aus der Quantenwelt sind genau das Richtige in einer Zeit, in der die
Naturwissenschaften stetig an Interesse gewinnen.
Ein weiteres empfehlenswertes Buch ist „Evolutionsbiologie“
des deutschen Biologen Ulrich Kutschera. Das Buch wendet sich an alle
Leser, die nach den wirren Meldungen der letzten Jahre über „Kreationismus“,
„Intelligent Design“ und andere Pseudowissenschaften Klarheit
haben wollen. Das Buch ist auch ein ideales Geschenk für junge
Menschen mit biologischer Vorbildung, die sich für Naturwissenschaften
interessieren. Beachtlich an Kutscheras Werk sind zwei Kapitel, in denen
er auf Ideologien und weltanschauliche Debatten eingeht. Das Schlusskapitel
ist besonders interessant, weil hier mit einem ganzen Arsenal an klaren
Argumenten diverse ideologische Irrwege (Grundtypenmodelle u.a.) widerlegt
werden.
Die Naturwissenschaften – in den deutschsprachigen Ländern
über Jahrzehnte eher gering geschätzt – erleben zurzeit
eine eindrucksvolle Renaissance. Der österreichische Nobelpreisträger
Konrad Lorenz ahnte das wahrscheinlich, als er schon vor dreißig
Jahren sinngemäß meinte: „Ein guter Biologielehrer
kann mehr Seelen retten als so mancher Theologe.“
Marcus Chown: „Warum Gott doch würfelt“ (Verlag dtv,
Taschenbuch, ca. 15,-); Ulrich Kutschera: „Evolutionsbiologie“
(Verlag Ulmer, ca. 39,-).