Der russische Raumfahrttheoretiker Konstantin Ziolkowski war der erste,
der 1903 in einer wissenschaftlichen Schrift („Jenseits des Planeten
Erde“) Raumstationen erwähnte. Ziolkowski beschreibt dabei
große Gebilde in einer Erdumlaufbahn, die als Wohnung für
Menschen und als Plattformen für Reisen zum Mond und zu anderen
Planeten dienen. Die Sowjetunion war nach dem ersten Satelliten (Sputnik
1), dem ersten Lebewesen im All (Hündin Leika mit Sputnik 2), der
ersten Raumsonde (Luna 1), dem ersten Mann in einer Umlaufbahn (Juri
Gagarin mit Wostok 1) und dem ers-ten frei im All schwebenden Kosmonauten
(Alexej Leonow mit Woschod 2) auch im Bereich der Raumstationen die
wissenschaftlichen Taktgeber im All. Bereits Mitte der Sechzigerjahre
begannen die Sowjets mit der Planung einer militärischen Raum-station
namens „Almaz“. Einige Jahre später, nachdem das Mondprogramm
der Sowjetunion gescheitert war, entschied man, das zivile Projekt „Salut“
vorzuziehen.
Es folgte eine Reihe von Fehlschlägen und Katastrophen. Die erste
Crew konnte an Salut nicht ankoppeln, die zweite (Dobrowolsky, Wolkow
und Pazajew mit Sojus 11) blieben 3 Wochen in der Station, starben aber
bei der Rückkehr, weil ihre Kapsel undicht wurde. Die nächsten
drei Raumstationen, darunter eine militärische, stürzten ab,
eine zerbrach in der Umlaufbahn. Trotzdem wurde das Salut-Programm am
Ende ein Erfolg. Die USA waren gezwungen, nachzuziehen. Nach dem Ende
des Mondprogramms hatten die Amerikaner ungenutzte Raketen und Apollokapseln
quasi herumliegen. Sie adaptierten die dritte Raketenstufe einer Saturn
V und bauten sie zur bisher einzigen rein amerikanischen Raumstation
„Skylab“ um. Skylab wurde am 14. Mai 1973 gestartet und
war so komfortabel eingerichtet, dass dieser Standard erst wieder mit
der Raumstation ISS erreicht wurde.
Am 19. Februar 1986 schossen die Sowjets ein weiter entwickeltes Salut-Bauteil
in die Erdumlaufbahn und nannten diese neue Station „Mir“.
Sie wurde laufend ausgebaut und schließlich, nach dem Zusammenbruch
der kommunistischen Sowjetunion, in eine internationale Raumstation
umgewandelt. Sie beherbergte insgesamt 96 Astronauten und Kosmonauten
aus vielen Ländern, darunter auch den Österreicher Franz Viehböck
(Oktober 1991 mit Sojus TM-13). Mir stürzte im März 2001 kontrolliert
in den Pazifik.
Die aktuelle Raumstation ISS („International Space Station“),
deren erster Teil von Russland am 20. November 1998 gestartet worden
war, ist noch nicht fertig gestellt. Die Bauteile werden mit den russischen
Trägerraketen Sojus und Proton sowie dem Space Shuttle nach oben
transportiert. Europäische und japanische Transporter sollen in
einigen Jahren folgen.