Einem Forscherteam der Medizinischen Hochschule Hannover ist es in
Kooperation mit dem Howard Hughes Medical Institute der Stanford University
kürzlich gelungen zu klären, wie die Substanz Botox die Nervenzellen
molekular beeinflusst. Auf Grundlage dieser Erkenntnisse könnten
neue Medikamente mit Schmerz hemmender Wirkungsoptimierung sowie Gegengifte
entwickelt werden, ließ die Forschergruppe verlauten.
Schönheitsinstitute preisen schon lange das Nervengift Botox als
Mittel gegen allerlei Beschwerden an, wobei man sich nicht scheut, diese
Substanz mit Begriffen wie „Women & Health“ (Frauen
und Gesundheit) oder „Vital aging“ (vitales Altern) in Verbindung
zu bringen. Garniert werden die fragwürdigen Lobpreisungen mit
Fotos junger, faltenfreier Models. Die trügerische Botschaft ist
eindeutig: Spritze Botox und du bleibst jahrelang schön und vital.
Das vom Bakterium „Clostridium botulinum“ stammende Botox
ist die Abkürzung für „Botulinum Neurotoxin“,
eines der giftigsten Stoffe überhaupt. Es wird in der ästhetischen
Medizin zur Glättung von Zornes-, Stirn- und Lachfalten und auch
im Hals und Dekolletébereich angewandt. Die Wirkung von Botox
beruht auf einer vorübergehenden Lähmung der behandelten Muskulatur
für einen Zeitraum von ca. vier bis sechs Monaten. Diese Therapie
kann nach Angabe der Schönheitsinstitute beliebig oft wiederholt
werden.
Jede Nervenzelle leitet den Reiz elektrisch weiter. Zwischen den Nervenzellen
wendet die Natur aber einen chemischen Trick an. Es wird eine Substanz,
die man „Neurotransmitter“ (Nervenbotenstoff) nennt, ausgeschüttet.
Dieser Botenstoff wird blitzschnell von der Nachbarzelle erkannt, der
Nervenreiz kann somit weiterlaufen. Botox bewirkt nun eine Hemmung des
Botenstoffs Acetylcholin und blockiert dadurch die Übertragung
des Impulses von der Nervenzelle auf den Muskel. Die Wissenschaftlerteams
von Hannover und Stanford konnten nun genau klären, was Botox in
den Zellen bewirkt. Wird Botox in die Gesichtsmuskeln gespritzt, erlahmen
diese für mehrere Wochen. Das Gesicht wird teilweise unbeweglich
und maskenhaft, geradezu unfähig, menschliche Gefühle auf
natürliche Weise zu zeigen. Durch die erzwungene Lähmung glätten
sich kleine Fältchen, was eine vorübergehende optische Verjüngung
bewirkt.
Einerseits wird in unserer Wellnessgesellschaft nicht nur das Wohlfühlen,
sondern auch das Zeigen von Gefühlen propagiert. Andererseits bewirkt
Botox genau das Gegenteil. Das Gesicht erstarrt zu einer beinahe roboterhaften
Maske. Vielleicht sollte man dieses Nervengift, das weder mit sanfter
Medizin noch mit Schönheit etwas zu tun hat, in „Robotox“
umbenennen.